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| | Nachtleben | 31.10.2010

Biffy Clyro in der Lucerna Music Bar: Eine Ode an verschwitzte Körper

Die wohlbekannte Ruhe vor dem Sturm. Verstärker, Monitorboxen, Mikrofone und Effektboards stapeln sich fein säuberlich arrangiert auf der Bühne, das Publikum stapelt sich in gespannter Erwartung davor. Von den “Logenplätzen” in der Lucerna Music Bar hat man einen wunderbaren Blick darauf. Doch es sollte mich nicht lange dort oben halten, denn Rockkonzerte machen mitten in der Menge direkt vor Bühne immer noch am meisten Spaß. Um 20 Uhr sollte es planmäßig losgehen, um 20:22 Uhr werden die “Mon The Biff!”-Rufe dann endlich erhört, und Biffy Clyro betreten die halbrunde Bühne der Lucerna Music Bar.

Die T-Shirts haben die drei gleich im Kleiderschrank gelassen, schließlich würden diese bloß den Blick auf die liebevoll mit Tattoos verzierten Oberkörper verdecken. Besonders herausgeputzt hat sich der Sänger und Gitarrist Simon Neil, der am heutigen Abend den Queer-Waldschrat-Look zelebriert, mit zotteligen Haaren, einem grauen Bart (WTF?) und enganliegender pinker Hose. Aber genug zum Thema Äußerlichkeiten, hier soll es ja um Musik gehen.

Das führt uns gleich zur ersten wichtigen Frage: Was macht man als clevere Band, wenn man drei Songs in petto hat, die sich allesamt ausgezeichnet als Opener eignen? Man spielt sie einfach alle zu Beginn nacheinander – so geschehen mit „That Golden Rule“, „Living Is A Problem Because Everything Dies“ und „Glitter and Trauma“. Spätestens danach ist jeder im Raum auf Betriebstemperatur. Überhaupt ist das Publikum sehr textsicher und mitmachbereit. Vor der Bühne prallen Körper aufeinander, in dem Bewusstsein, dass blaue Flecken die schönsten Andenken sind, sie man an so einem Abend sammeln kann.

Was außerdem sehr schnell deutlich wird: Während die letzten beiden Alben von Biffy Clyro so sauber produziert (böse Zungen könnten auch sagen: glattgebügelt) wurden, dass sie auch einen durchschnittlichen Radiohörer nicht den morgendlichen Kaffee verschütten lassen würden, klingt das Trio live um einiges wilder, roher und verschwitzter. Verbale Kommunikation mit dem Publikum ist dagegen nicht so ihre Sache, das zeigt sich auch am heutigen Abend. Die Band lässt eben lieber ihre Songs für sich sprechen.

Die Songauswahl ist dabei sehr auf das aktuelle Album „Only Revolutions“ fixiert, beinahe alle Lieder davon werden zum Besten gegeben. Aber auch ein paar ausgewählte ältere Publikumsfavoriten spielt die Band, etwa „57“ von ihrem Debütalbum. Ein Hauch von Routine mag sich nach den zahllosen Touren eingeschlichen haben, diesen Vorwurf kann man nicht ganz von der Hand weisen. Doch solange sich ihre Auftritte auf so einem hohen Niveau befinden, kann das den Spaß des Publikums an der Show kaum schmälern.

Und eines steht völlig außer Frage: Man sollte sich Biffy Clyro anschauen, solange diese Band noch nicht in riesigen Hallen spielt – was ihr aufgrund ihrer musikalischen Qualität zweifelsohne zustehen würde. Denn in kleineren Clubs sind adrenalingetränkte Rockshows einfach am Schönsten.

Bildnachweis:
Jonas Trautner

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