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Tschechien OnlineTschechien Online | Rubrik: Kriminalität | 10.02.2010
Grünen-Chef Ondřej Liška spricht von "korruptester Behörde" des Landes
Themen: Korruption, Ausländerpolizei, Ondřej Liška, Jaromír Štětina

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| | Studium | 18.10.2010

"Da möchte man doch glatt illegal hier sein…"

Tja, das Leben als Austauschstudentin könnte so schön sein, wenn … ja … wenn man nicht ständig gegen massenhaft Bürokratie ankämpfen müsste. Eines der traumatischsten Erlebnisse war mein Trip zu der lokalen Ausländerpolizeibehörde.

Ich bin hier in Prag für das ganze akademische Jahr (9 Monate), und alle, die mehr als 2 Monate im Land bleiben, müssen sich bei der nächstgelegenen Polizeidienststelle registrieren lassen; zumindest haben mir das meine Universität und auch die Botschaft wärmstens ans Herz gelegt. Also bin ich dann ganz naiv zur nächst besten Polizeistelle hin, um mir dort nach einer halben Stunde Wartezeit sagen lassen zu müssen, dass mir nur die Ausländerpolizei weiterhelfen könne, die aber an diesem Tag freundlicherweise gestreikt hat (kein Scherz). Zwei Tage später starte ich hoch motiviert einen zweiten Versuch.

Eines kann ich Ihnen sagen, das Büro der Ausländerpolizei ist verdammt gut hinter einer Filiale der Discounterkette Billa versteckt – über mögliche Gründe dafür möchte ich an dieser Stelle gar nicht spekulieren; schließlich könnte mir ein freundschaftliches Verhältnis zu eben jener Behörde noch von Vorteil sein. Der einzige Hinweis, der mir meine Suche erleichtern und mich schließlich ans Ziel führen sollte, waren die 20 Ausländer, die draußen geraucht haben. Gut gerüstet und bewaffnet mit 2 Fotos, dem Nachweis des Studentenstatus bzw. des Zwecks des Aufenthalts, dem Nachweis über eine Unterkunft (also quasi einem Stück tschechischen Papiers, welches darüber Auskunft gibt, wie lange ich hier eine Wohnung habe), dem Krankenversicherungsnachweis, meinem Pass sowie 2 Dokumenten auf tschechisch, von deren Zweck ich nicht die geringste Ahnung habe, zog ich also in die Schlacht.

Online hatte ich gelesen, dass dieses ganze Prozedere im Grunde nur dem Zweck dient, ein Formular unterschreiben zu können, durch welches ich versichere, von der tschechischen Regierung keine Sozialleistungen beantragen zu wollen. Und lassen Sie mich das klarstellen: nach dem dort Erlebten würde ich jegliche Sozialleistungen der tschechischen Regierung dankend ablehnen. Ich hab 3 Stunden und 8 Minuten gewartet; dann wurde endlich meine Nummer aufgerufen. Die Freude darüber verzog sich allerdings genauso schnell wieder wie sie gekommen war, als mir von einer zickigen Angestellten gesagt wurde, dass keine einzige Person in ihrem Büro Englisch oder Deutsch sprechen könne! Auf mein dezentes und obschon leicht ungläubiges Nachfragen bellte mich die Dame auf höflichsten Tschechisch an: “Wir sind in der Tschechischen Republik und hier spricht man Tschechisch und nur Tschechisch”. 

Nun gut, wo sie recht hat, hat sie recht: man sollte als Ausländer immer versuchen, sich in die Kultur des Gastlandes zu integrieren. Allerdings wäre wohl die Ausländerpolizei der eine Ort in einem fremden Land, von dem man annehmen möchte, dass dort Leute mit Sprachkenntnissen arbeiten. Selbst als mir einige der anderen Wartenden zu Hilfe eilten und sich als Übersetzter anboten hatte die Angestellte der Behörde kein Erbarmen und verharrte auf ihrem Standpunkt: ich müsste eine Freundin mitbringen, die mich kennt und nur die könne dann für mich übersetzen. Nun ist es ja nicht so, dass ich mich nicht anpassen will, und ich bin auch ernsthaft darum bemüht, mir etwas mehr als nur einige Brocken Tschechisch anzueignen, aber, liebe Ausländerbehörde, ist es nicht ein bisschen vermessen zu glauben, dass man in den ersten 4 Wochen des Aufenthaltes  (in welchen man sich registrieren mus) schon so gute Freunde findet, die bereit sind, einen 3 Stunden Wartemarathon bei der Ausländerbehörde freiwillig zu absolvieren? Das schafft selbst die charmanteste Austauschstudentin nicht – und glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich spreche!

An jenem Tag, als ich wartete, nahmen insgesamt 6 Erasmus-Studenten diese Tortur auf sich und kein einziger konnte sich registrieren, da – welch Überraschung – keiner der tschechischen Sprache mächtig ist. 3 der Studenten meinten, sie würden auch nicht mehr wieder kommen, weil sie diese erniedrigende Erfahrung und das Gefühl der Hilflosigkeit nicht noch einmal erleben wollten. So sehr ich es möchte, aber leider kann ich mich nicht diesem glücklichen Haufen anschließen, weil ich meine, eben jenes Formular zu brauchen, um einen Teilzeitjob annehmen zu können; und ja, sollte noch jemand daran zweifeln, aber den Job habe ich bitter nötig, denn nur so kann ich mir das luxuriöse Leben einer Austauschstudentin finanzieren. 

Welches Fazit bleibt uns also zu ziehen? Was uns nicht umbringt, härtet uns ab! Mach dich auf was gefasst, liebe Ausländerbehörde, ich komme wieder – ganz bestimmt!!!

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