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| | Studium | 25.4.2013

Aus dem Alltag der Nationalbibliothek

Als Student der Rechtswissenschaften habe ich mich in meinem schizophrenen Studentenleben (ein Mix aus gelassener Ruhe- und intensiven Lernmarathon-Phasen) schnell an diese Rhythmen angepasst. Nun ist es wieder mal soweit und auch als Erasmusstudent muss ich wohl oder viel eher übel nun der Lernerei strotzen und ein Monat äußerst intensiv durchbeißen. Sich selbst als kultur- & wissbegierigen Menschen definierend, nimmt man diese Situation nun auch leichter hin und erblickt – obwohl in ständiger Anwesenheit des unangenehmen Motivs – im Lesesaal des Prager Clementinums eine Fülle an spannenden Entdeckungen.

Nach dem Einschreiben und der direkten Ausstellung einer visitenkartenförmigen Plastikkarte ist man auch schon vollständiges Mitglied der lernenden Leidensgenossenschaft.

Nach dem morgendlichen Café wird man von den bereits leicht in die Jahre gekommenen, aber für tschechische Verhältnisse recht freundlichen Empfangsdamen, mit der Abnahme der Jacke empfangen.

Nach der Passage der schon etwas halbherzigen „Kontrolle“ des Sicherheitspersonals durch Einscannen des bereits erwähnten Passes, ist auch schon das Betreten des großen Lernsaals ermöglicht. Zeitversetzend und in durchaus altmodisch prunkvollem Charme sucht man sich im „General Reading Room“ aufgrund des regen Fußverkehrs empfehlenswerter Weise eher gegen Ende des für eine Bibliothek typisch stillen Raumes sein Plätzchen.

Die überwiegende Anzahl medizinischer Studenten (trotz ihrer eigentlich zusätzlichen, eigenen Bibliothek) lässt auch in Prag darauf schließen, dass Medizin weltweit zu den anspruchsvollsten Studien zählt.

Am Unangenehmsten wird wohl das absolute Ess-&Trinkverbot empfunden, welches gerade bei konzentrierten Lernphasen schnell zu Dehydration und in Folge zu Kopfweh führen kann. Speziell bei weit entfernten Sitzplätzen zum Ausgang ist diese Vorschrift eher hinderlich als unterstützend. Schelmisch lässt sich jedoch aus in Taschen versteckten Flaschen unter Beobachtung der Beobachter der ein oder andere Schluck gegen Austrocknung einnehmen – kein daneben sitzender Lernnachbar scheint sich dadurch gestört zu fühlen.

Auf dem doch recht langen Weg zu den Sanitäranlagen scheint der skurrile Teil erst zu beginnen: Es stellt keine Seltenheit dar, mitten auf genanntem Gang, knieend und gen Mekka betende Studenten vorzufinden (eine interessante Entdeckung im sonst sehr atheistischen Tschechien) und Personen zu sehen, die sich vermeintlich den ganzen Tag nicht von den Pausebänken wegbewegen.

Vorsicht auch, wenn es zur Causa „Nationalbibliotheks-Bistro“ kommt: Neben frittiertem Käse gibt es frittierte Chicken Wings oder frittiertes Schnitzel und der Cappuccino entwickelt nach zwei Minuten ruhen lassen eine Hautschicht auf seiner Oberfläche. Vielleicht kam auch dieser aus der Friteuse?

Man weiß wohl, dass man in Prag ist, wenn man um 9:30 Früh, im Uni-Bistro gerade den ersten Café bestellen will, und vor sich eine Gruppe von Menschen vorfindet, die in der Nationalbibliothek der tschechischen Hauptstadt Bier bestellen.

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