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Der Autor

Henning Bleyl ist 1969 in Karlsruhe geboren.1991 studierte er "Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis" an der Universität Hildesheim. Er absolvierte zu dem zwei Auslandssemester in Spanien und Italien. 1998 fertigte er seine Diplomarbeit mit dem Thema "Klassik als Propaganda-Medium? Zur politischen Funktion der Auslandsreisen der Berliner Philharmoniker für den NS-Staat" an.

Seit 2001 ist Henning Bleyl Kulturredakteur der "tageszeitung" (taz nord). Nebenbei ist er Dozent an mehreren Hochschulen wie z.B. der Hochschule Bremerhaven.

Henning Bleyl gewann schon mehrere Preise mit seinen Werken. Unter anderem gewann er 2016 den Publizisten Preis des dbv.

Im Internet: www.prager-literaturhaus.comwww.prager-literaturhaus.com | www.taz.dewww.taz.de
Bildnachweis:
© felderfilm

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Post-Pragtag (14)

  • Himmlische Zeichen über dem Hradschin.

An meinem letzten Morgen in Prag stand ein gewaltiger Regenbogen über der Kleinseite. Für mich war das ein grandioses Abschiedsbild. Aber da, wo das eine Ende des Bogens seine Basis hatte, genau über dem Hradschin, scheint der Segen ja ziemlich schief zu hängen – vorsichtig gesagt. Der Finanzminister weigerte sich zurücktreten - trotz Steuerbetrugs und obwohl aufflog, dass er verdeckte politische Diffamierungs-Kampagnen in seinen Medien startete?

Schon im Herbst hatte mich gewundert, mit welcher Selbstverständlichkeit Babiš, der zweitreichste Bürger des Landes, in den eigenen Zeitungen per großformatiger Anzeige posiert. Das war ziemlich Berlusconi-like - ein Populist im Gewand einer Protestpartei, der ANO, der nun die Märtyrerkarte ausspielen wollte. Was für Berlusconi die bösen Staatsanwälte waren, scheint für Babiš der gemeine Ministerpräsident zu sein. Am prägnantesten finde ich allerdings den Ausspruch von Miloš Zeman, der den Minister zunächst nicht entlassen mochte: „Nach dem Koalitionsvertrag ist die Zustimmung des Vorsitzenden von ANO nötig, um Herrn Babiš abzuberufen, und das ist Herr Babiš." Aber nun hat Zeman ja doch noch Nein zum Chef der Ja-Partei gesagt: Ano, bude líp.

Ich bin gespannt, was für ein Tschechien ich bei meinem nächsten Besuch antreffe: Einen Verfassungsstaat in der Tradition der Republik von 1918, die inmitten des immer faschistischer werdenden Europas eine der letzten noch funktionierenden Demokratien war – oder eine Bananenrepublik à la Babiš? Als Gast sollte man sich mit Meinungsäußerungen ja zurückhalten. Aber eines darf man, denke ich, doch zum Ausdruck bringen: Dass ich sehr froh bin, in Kontakt mit einem Land gekommen zu sein, das Mitteleuropa at its best repräsentiert – was noch viel präsenter sein könnte.

Bildnachweis:
Henning Bleyl
bleyl@kultur-recherche.de

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