Prag | Národní galerie - Valdštejnská jízdárna

Prag | Národní galerie - Valdštejnská jízdárna

Sonntag, 15. Mai 2016 bis Sonntag, 25. September 2016

Ausstellung in Prag: Kaiser Karl IV. 1316 – 2016

Erste tschechisch-bayerische Landesausstellung in der Wallenstein-Reitschule

Prag - Karl IV. zählt zu dem meistabgebildeten Monarchen des Mittelalters. Er war aber nicht nur ein weiser und gottesfürchtiger Herrscher oder ein erfolgreicher Sammler von Königskronen. Er kleidete sich mit Vorliebe nach der Pariser Mode und hatte sein Gefallen an Ritterturnieren. Ein solches Turnier hätte beinahe sein Schicksal besiegelt und hat sein Äußeres für alle Zeiten so gekennzeichnet, wie es von einer ganzen Reihe von Darstellungen bekannt ist.

Die erste tschechisch-bayerische Landesausstellung Kaiser Karl IV. 1316 – 2016 in der Wallenstein-Reitschule der Nationalgalerie in Prag dringt nicht nur unter die Oberfläche der herkömmlichen Kaiser-Karl-Themen, sondern widmet sich auch den wesentlich seltener publizierten. Anhand von rund 200 Exponaten zeigt sie diese Kaiserpersönlichkeit aus der Sicht seiner Anhänger und Widersacher, der Kunst, aber auch in Zusammenhang mit Judenpogromen.

"Die Nationalgalerie stellt gemeinsam mit dem Haus der Bayerischen Geschichte und dem Geisteswissenschaftlichen Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas an der Universität Leipzig zum siebenhundertsten Jahrestag der Geburt Karls IV. eine außergewöhnliche Auswahl von Kultur- und Kunstdenkmälern seiner Zeit aus. Die meisten werden bei uns überhaupt zum ersten Mal gezeigt. Ausnahmeweise und lediglich auf eine Woche beschränkt wird auch die Goldene Bulle des Kaisers Karl IV. aus dem Jahr 1356 ausgestellt, das wichtigste Gesetzwerk, das bis zum Ende des Reiches im Jahr 1806 in Geltung war. Von Prag wandert die Ausstellung dann im Herbst in das Germanische Nationalmuseum Nürnberg," führt der Autor dieser Ausstellung und Generaldirektor der Nationalgalerie in Prag Jiří Fait aus.

Turnierlanze hinterließ schwere körperliche Schäden

Zu den Grundzügen von Karls herrscherlichen Repräsentation gehörten nicht nur neue Ikonographiethemen und eine bedachtsam vorgenommene Auswahl von Malern, Bildhauern und Baumeistern, sondern auch eine wohlüberlegte "Porträtstrategie". Die Ausstellungsbesucher bekommen Gelegenheit, die bekannteste Darstellung Karls auf dem Votivbild des Jan Očko von Vlašim mit einem Wandgemälde von Karlstein, der Statue vom Altstädter Brückenturm oder mit dem kostbaren, aus New York geliehenen Morgan-Diptychon zu vergleichen.

Im Jahr 1350 wurde Karl IV. nämlich von der Turnierlanze eines Gegners getroffen, die ihm den Unterkiefer gebrochen, einige Halswirbel zerschmettert und das Rückenmark beschädigt hat. Gelähmt an allen vier Gliedmaßen war er danach monatelang ans Krankenlager gefesselt. Sein Unterkiefer wurde mit Hilfe von Gold- und Silberdrähten zwischen den Zähnen geschient, die Wirbelsäule mittels einer uralten Methode – dem Aufhängen an den Haaren gerichtet. Die Dauerfolgen dieser Verletzungen kann man an einer Reihe von Kaiserporträts ausmachen.

Abgesehen von der Reliquien- und Kunstsammlung oder aber seinen Schriften sind nicht sonderlich viele persönliche Gegenstände Karls IV. bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben. Hier sind Fragmente des kaiserlichen Totengewands zu sehen, die der Beschreibung aus der Augsburger Chronik entsprechen oder ein Handschuh, den er einer Legende zufolge im oberpfälzischen Neustadt an der Waldnaab zurückgelassen haben soll. Den zierlichen Abmessungen nach dürfte dieser Handschuh aber nicht ihm persönlich gehört haben. Die berühmte Schrift Vita Caroli quarti wird auf der Ausstellung durch deren älteste lateinische Abschrift repräsentiert, die in den Jahren 1385 – 1392 wahrscheinlich für Karls Sohn Wenzel IV. angefertigt worden ist. Nach insgesamt 667 Jahren ist die Krone, mit der sich Karl IV. in Aachen zum römischen König krönen ließ, auf das Gebiet Böhmens zurückgekehrt.

Nationalgalerie zeigt Karl IV. aus einer neuen Sicht

"Ziel der Ausstellung ist es, Karl IV. nicht einfach als den ’Größten aller Tschechen’ vorzuführen, sondern als eine vielschichtige historische Persönlichkeit mit ihren Licht- und Schattenseiten. Eine nicht minder wichtige Rolle spielt der Zeitzusammenhang, der sich in einer breiten Themenpalette präsentiert wie Klimaänderungen, Hungersnöte, Judenpogrome, Pestepidemien, Finanzkrisen und nicht zuletzt eine Hochblüte von Kunst und Architektur,“ beschreibt Jiří Fajt.

Eine der Dominanten auf der Ausstellung in der Wallenstein-Reitschule ist das monumentale Waldstromer-Fenster aus der Spitalkirche von St. Martha in Nürnberg. Von den Bildwerken wurden aus Genua wertvolle Marmorfragmente vom Grabmal der römischen Königin Margarethe von Brabant, der Großmutter Karls IV. herbei geschafft. Das luxuriöse Stickerei-Handwerk wird vom Antependium mit der Marikrönung aus der Marienkirche von Pirna repräsentiert, die Buchmalerei beispielsweise vom Pariser Gebetbuch der Bona von Luxemburg, einer Schwester Karls IV. An die klimatischen Änderungen aus der Zeit Karls IV. gemahnt unter anderem das Mahnmal an die Opfer der Hungersnot aus dem Jahr 1316, Karls Geburtsjahr, die Exposition zeigt aber auch Fragmente der Prager Judithbrücke.

Die Ausstellung verweist auch auf die stürmischen Diskussionen über die neue "entartete" Mode, die mit Blanka von Valois und Karl IV. aus Paris nach Prag gelangt ist, daneben widmet sie sich auch der Revolution in der Zeitmessung, zu er es in der Ära Karls gekommen ist. An die Judenpogrome gemahnt Karls Marktprivilegium für die Stadt Nürnberg, in dem Karl dem Abriss jüdischer Häuser zustimmte, und das de facto zu einem umfangreichen Judenpogrom ausuferte, aber auch ein Teil des Judenschatzes aus der alten Synagoge von Erfurt. Besucher der Schau können sich auch über die logistisch unvorstellbar aufwendige Trauerzeremonie und Karls Begräbnis in Kenntnis setzen, ebenso über sein dramatisches und widerspruchsvolles Nachleben. Dieser Teil der Ausstellung ist in den historischen Räumen der Karlsuniversität im Karolinum zu sehen. Die außergewöhnliche Auswahl "karolinischen" Denkmäler ist in der Wallenstein-Reitschule täglich vom 15. Mai bis 25. September 2016 zu sehen, im Karolinum vom 14. Mai bis 31. August 2016.

Umfangreiches Karl- IV.-Begleitprogramm

Die Ausstellung wird in ihrem Gesamtverlauf durch ein reichhaltiges Begleitprogramm für Erwachsene, Familien mit Kindern und Schulen ergänzt – kommentierte Abendbesichtigungen mit dem Ausstellungsautor Jiří Fajt oder Werkstätten, die Einblick in Goldschmiedehandwerk, Mode oder Malerei bieten.

Eine Vortragsreihe von ausländischen Fachleuten zu einem breiten Themenspektrum in Zusammenhang mit Persönlichkeit und Zeit Karls IV. dürfte nicht nur die Fachwelt ansprechen. Am Tag der Kinder, d.h. am 1. Juni wird eine Mobile App in einer Version für Kinder und Erwachsene gestartet, die gleichzeitig als Audio-Führer für die Ausstellung dient. Daneben finden Konzerte, Buchtaufen, Wettbewerbe und eine ganze Reihe weiterer Veranstaltungen statt.

Anlässlich der Ausstellung ist auch ein Film entstanden: Aus der Toskana in brandenburgische Elbland – ein Gedicht in Bildern, das direkt auf der Exposition zu sehen ist. Auf TV-Bildschirmen und im Internet ist auch ein Spot zur Ausstellung zu sehen, in dem die Nationalgalerie die Gestalt Karls IV. aufleben lässt. (nk)

Weitere Infos: www.ngprague.cz
Bildnachweis:
Ngprague.cz
Autor: Tschechien Online - Ressort Kultur

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Veranstaltungsort

Valdštejnská 3
118 00
Praha 1

Ausstellung in Prag: Kaiser Karl IV. 1316 – 2016

Sonntag, 15. Mai 2016 bis Sonntag, 25. September 2016
Die Wallenstein-Reitschule befindet sich in unmittelbarer Nähe der Metrostation Malostranská der grünen Linie A auf der Prager Kleinseite. Sie ist Bestandteil des barocken Wallenstein-Palais (Valdštejnský palác) und ihre Räumlichkeiten dienen heute als Ausstellungsraum für die Prager Nationalgalerie.
Valdštejnská 3
118 00
Praha 1
Hauptstadt Prag (Hlavní město Praha)
Tschechische Republik
Tel: +420 257 073 136
www.ngprague.cz

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