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prag aktuellprag aktuell | Rubrik: Kultur, Musik | 14. November 2023, 08:04 Uhr
Supraphon gibt zwei CDs mit Kammermusik des wichtigsten tschechischen Komponisten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts heraus / Von Michael Magercord

Prag - Er ist der wichtigste tschechische Komponist der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In diesem Jahr wäre der 2006 verstorbene Viktor Kalabis einhundert Jahre alt geworden. Zwei CDs mit Kammermusik geben einen tiefen Eindruck des Wirkens dieses ebenso bedeutenden wie bescheidenen Mannes.

Kalabis war vielleicht kein ausgesprochen religiöser Mensch, und doch leitete ihn in seinem Schaffen die Annahme, dass unser menschliches Dasein immer von den großen Momenten der Kartharsis in eine neue Richtung gelenkt werden. Also von jenen Bruchpunkten, an denen eine aufgestaute Energie aus einer zwanghaften Ruhestellung zu einer Entladung kulminiert, bis dann in eine Phase der Ausgeglichenheit - religiös würde man von Reinheit sprechen - eintritt. Diese Daseinsregel gelte sowohl im Leben wie in der Politik - und somit für einen Komponisten zwangsläufig in der Musik. Das umfangreiche symphonische Werk von Kalabis legt unabhängig der Jahre seiner Entstehung Zeugnis davon ab, ob es sich nun um seine fünf Symphonien oder die beiden Violinkonzerte handelt.

Das heißt aber nicht, dass sich die Musik über die vielen Jahre hinweg völlig gleichen würde. Denn die Zeitumstände sind immer andere, ebenso die Wahrnehmung darüber, worin der Zwang besteht, der zu jener Ruhe führt, aus der nur eine Entladung beenden kann. Was ja vielleicht das besondere an der historischen Situation unter dem Kommunismus und seines Endes in Europa war, dass tatsächlich beinahe die ganze Gesellschaft die gleiche Wahrnehmung einer Bedrängnis teilte. Ob Arbeiter oder Künstler: die Zwanghaftigkeit der lebensbeschränkenden Ruhe empfanden die meisten Menschen im damaligen Ostblock gleichsam bedrückend, und zumindest in dem ersten Jahrzehnt nach der samtenen Revolution die freie Lebensweise gleichsam beglückend. Das mag heute nicht mehr so sein, woher vielleicht auch die extreme Zuspitzung der unterschiedlichen Wahrnehmung und Benennung der als "unfrei" empfundenen Umstände rührt. Zugespitzt könnte man sagen: Nach der Kartharsis ist vor der Kartharsis.  

Ob der Musikschaffende tatsächlich in der Lage ist, mit seiner Musik die Dinge, die ihn bestimmt haben, so auszudrücken, dass auch ein Hörer sie genauso wahrnehmen wird? Zumindest machen es uns die modernen Komponisten des östlichen Teils Europas leichter, ihr Anliegen zu vermitteln. Denn ihre Modernität bestand im Gegensatz zu ihren westlichen Kollegen nicht in der Konterkarierung des Vorangegangenen, sondern seiner bewussten Weiterentwicklung. Somit lässt sich bei einem so in seiner Zeit stehenden Komponisten wie Viktor Kalabis bestens nachvollziehen, wie er in der jeweiligen Entstehungszeit nach dem Ausdruck seines Empfindens rang. Und möglicherweise am innerlichsten noch an seinen Kammerwerken. Zwei CDs eröffnen uns dafür eine ganz besondere Gelegenheit: drei Kammersonaten aus bewegten und unbewegten Zeiten, sowie die Einspielung seiner sämtlichen Klavierstücke.

Die beiden Sonaten für Klavier und einmal Cello und dann Klarinette entstanden in den Schicksalsjahren 1968 und 1969, und ihre Struktur und Grundstimmung liest sich wie ein Tagebuch der Ereignisse um Ende das Prager Frühlings: Dramatisch, stolz und trotzig am Beginn, meditativ und resigniert am Schluss die erste Sonate, die während des Einmarsches der Armeen Warschauerpaktstaaten entstand. Traurig und trotzdem widerständig die zweite Sonate, in der die bissige Klarinette sich steigert in die höchsten Register, um schließlich zu erschöpfen. 1982 entstand schließlich die Sonate für Geige. Es ist die meditativste der dreien, zieht sich ins Innere zurück und erlebt dort ihre eigenen Momente der Reinheit und Klarheit.

Die Klavierwerke umfassen einen Zeitraum von 1947 bis 1999, also über all die Wendezeiten hinweg, in denen sich das Leben des Komponisten vollzog. Denn früh geriet Viktor Kalabis - wie so viele seiner künstlerisch und wissenschaftlich engagierten Landsleute - in den Zwiespalt der "neuen Zeit". Neu sollte alles werden, aber im Grunde war es eine Periode des Stillstandes. In diesem Netz aus der Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität gefangen, wurde auch der Komponist einerseits Bestandteil des Systems: Er übte seinen Beruf im staatlichen Rundfunk aus, komponierte teils für die große Bühne und gewann damit Staatspreise. Gleichzeitig aber wirkte er auch immer in einem kleinen Kreis Gleichgesinnter, in deren Auftrag so manches musikalisches Kleinod entstand. Die wunderbar von Ivo Kahánek eingespielten Klavierstücke gehören zum Letzteren. Drei umfangreiche Klaviersonaten stehen neben kurzen, aber klanglich reichen "Akzente" genannten Studien.

Diese Musik aus einer Spanne von über fünfzig teils starren, teils sehr bewegten Zeiten lässt keine Gefühlswahrnehmung aus. Und vielleicht ist es ja der Umstand, der diese Musik so besonders berührend macht, dass die tatsächliche gesellschaftliche und politische Kartharsis, die sich während dieses Komponistenlebens zutrug, sich als einer der hellsten historischen Momente unserer jüngeren Geschichte entpuppte. Alle Ereignisse, die nach den samtenen Revolutionen von 1989 und 1990 als epochale Bruchpunkte erkennbar wurden, ließen unsere Welt dann eher wieder verdunkeln. (mm)

 

Alle Angaben zu den erwähnten CDs mit Musik von Viktor Kalabis:

Drei Sonaten

Jamník (Cello), Paulová (Klarinette), Fišer (Geige), Kahánek (Klavier)

SU 4210-2

Hörbeispiele unter: https://www.supraphon.com/album/412673-kalabis-sonatas-for-cello-clarine...

 

Sämtliche Werke für Klavier

Ivo Kahánek

Doppel-CD mit einer Spieldauer von 2 Stunden

SU 4259-2

Hörbeispiele unter: https://www.supraphon.com/album/454014-kalabis-the-complete-piano-works

 

Zudem geben diese Sammlung zeitgenössischer Einspielungen einen Einblick in das orchestrale Schaffen von Viktor Kalabis:  

Symphonien und Konzerte

Tschechische Philharmonie

3 CDs mit einer Gesamtspieldauer von 3 1/2 Stunden

SU 4109-2

Hörbeispiele unter: https://www.supraphon.com/album/4352-kalabis-symphonies-concertos

 

 

Eine Webseite, die Viktor Kalabis und seiner Frau, der Cembalistin Zuzana Růzičková, gewidmet ist, findet sich unter: https://kalabismusic.org/

Bildnachweis:
Supraphon.com - Viktor Kalabis
Rubrik: Kultur, Theater, Oper, Tanz | 26. Oktober 2023, 15:08 Uhr
Das Prager Theaterfestival deutscher Sprache schmückt die Herbstsaison in der Metropole mit einer exklusiven Kollektion deutschsprachiger Inszenierungen - Kartenvorverkauf ab 21. Oktober

Prag - Der 28. Jahrgang des Prager Theaterfestivals deutscher Sprache vom 4. November bis zum 3. Dezember zeigt einen Überblick beeindruckender deutschsprachiger Theaterinszenierungen. Vertreten sind das Berliner Ensemble, die Schaubühne Berlin, das Thalia Theater Hamburg, das Schauspielhaus Zürich, das Volkstheater Wien und das Escher Theater aus Luxemburg.

Alle Vorstellungen werden mit tschechischen Übertiteln gezeigt. Teil des angesehenen Festivals ist auch eine tschechische Inszenierung eines ursprünglich deutschsprachigen Textes. Diese wird wie jedes Jahr mit dem Josef-Balvín- Preis ausgezeichnet.

Das Laientheater ŽUMPA Nučice erinnert zudem an ein wichtiges Jubiläum des Festivalgründers Pavel Kohout. Die Vorstellung des Berliner Ensemble Draußen vor der Tür widmen wir dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, einem unserer langjährigen und wichtigsten Partner, der in diesem Jahr sein 25. Jubiläum feiert. Geboten wird schließlich ein attraktives Off-Programm mit einem Workshop der deutschen Bühnenbildnerin Nina Wetzel, einer Ausstellung ihres bühnenbildnerischen Schaffens sowie einer Fachkonferenz. 

Der Kartenvorverkauf im GoOut-Netzwerk beginnt am 21. Oktober – weitere Informationen auf der Festival-Website www.theater.cz

"Das Motto des diesjährigen Festivals lautet selber schuld und verweist auf die gegenwärtige Weltlage, zu der wir leider alle beitragen. Wir sind selber schuld. Erneut leben wir in einer Welt voller Kriege und blutiger Konflikte, fahren unsere Waffenarsenale hoch und sind taub – Worte dringen nicht mehr zu uns vor. Es geht nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, sich seine eigene Schuld einzugestehen und einen Ausweg zu suchen“, so Petr Štědroň, Leiter des Festivals.

Eingeleitet wird das prallgefüllte Programm des 28. Prager Theaterfestivals deutscher Sprache mit dem allseits beliebten Theaterausflug. Der führt uns am 21. Oktober ins Wiener Volkstheater. Zu sehen ist dort allerdings eine Produktion der Berliner Volksbühne: Ophelia's Got Talent. Das Stück der österreichischen Choreographin, Regisseurin und Performerin Florentina Holzinger wurde von der Zeitschrift „tanz“ zur Inszenierung des Jahres gewählt. Fluktuation, Reflexion, Reproduktion, Heilung und Gewalt: In Florentina Holzingers neuer Arbeit vollzieht das multidisziplinäre Ensemble aus mehreren Generationen eine physische Studie zur Psychologie des Wassers im 21. Jahrhundert.

Richtig los geht es dann am 4. November im Divadlo Archa. Als erstes auf dem Programm steht eine Inszenierung des Thalia Theaters Hamburg mit dem Titel Doughnuts. Autor ist der japanischen Theaterkünstler Toshiki Okada. In seinem Stück nutzt er die Technik des sog. Nō Theaters aus Japan. Für Doughnuts versammelte er dafür eine Handvoll Konferenzgäste in einer Hotellobby. Die Welt ist wie ein Doughnut: viel Rand und in der Mitte ein Loch. Eine Leerstelle, die mit der zunehmenden Erosion aller Gewissheiten immer größer wird... 

Der diesjährige Jubilar Pavel Kohout (*20. Juli 1928) ist Verfasser von drei Gedichtbänden, zahlreichen Dramen, Romanen, Novellen und Erzählungen. Er ist außerdem der Begründer des Prager Theaterfestivals deutscher Sprache, das er 1996 als Deutsche Theater in Prag ins Leben rief und für das er bis 2008 aktiv tätig war. Als Dank zeigt das Festival am 10. November sein tragikomisches Stück Sex in der Inszenierung des Laientheaters ŽUMPA im Theater in den Weinbergen. Pavel Kohout schrieb Sex in einer außerordentlich trostlosen Zeit „zur Erheiterung seiner Freunde“.

Am 11. November gastiert im Theater in den Weinbergen dann das Berliner Ensemble mit der Inszenierung Draußen vor der Tür – dem „Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will“, wie der Autor Wolfgang Borchert es selbst betitelte. Das Drama wurde 1947 erstmals als Hörspiel ausgestrahlt. Es schildert die Lage und die Gefühle vieler deutscher Soldaten, denen der Krieg nicht nur Gesundheit und Familie nahm, sondern auch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft in Frieden. Das Stück wurde schon bald nach seiner Veröffentlichung zu einem internationalen Erfolg.

Am 14. und 15. November findet im Divadlo pod Palmovkou ein Gastauftritt des Volkstheaters Wien statt. Gespielt wird das Stück Die Scham der französischen Nobelpreisträgerin Annie Ernaux. Mit nüchterner, glasklarer Sprache und einem unermesslich scharfen Erinnerungsvermögen seziert Annie Ernaux darin ihr schwieriges Verhältnis zur eigenen Herkunft und das unauslöschliche Schamgefühl über ihre soziale Prägung. Ein Text voller Mut und Präzision – und gleichzeitig stets die Zweifel thematisierend, inwieweit ein Text überhaupt Zeugnis ablegen kann.

Mit der Rekonstruktion einer traumatischen Nacht formuliert der französische Autor Édouard Louis in seinem autobiographischen Roman Im Herzen der Gewalt eine ebenso persönliche wie gesellschaftlich durchdringende Analyse über das Erwachsenwerden, Begehren, Migration und Rassismus. In der Stimmenvielfalt der Reaktionen auf das ihm angetane Verbrechen werden gesellschaftlich verdrängte Formen der Gewalt deutlich. Die Theateradaptation des Romans feierte ihre deutsche Erstaufführung in der Schaubühne Berlin, in Prag ist sie am 25. und 26. November im DOX+ zu sehen.

Der im vergangenen Jahr gestartete Open Call fand auch in diesem Jahr statt. Ziel ist die Förderung interessanter Autorenprojekte von Schüler*innenn und Student*innen deutschsprachiger Kunstschulen sowie deren Absolvent*innen, denen das Festival einen geeigneten Rahmen zur Inszenierung und Propagierung ihres Werkes bietet. Gewinner des diesjährigen Open Calls ist das Studienprojekt Odysseus kauft sich ein Pferd oder Wie wir Helden wurden von Lena Reißner, die derzeit als Autorin und Regisseurin in Hamburg tätig ist. Gezeigt wird das Stück am 25. und 26. November im Divadlo DISK.

Am 30. November und am 1. Dezember heißt die Neue Szene des Nationaltheaters das Schauspielhaus Zürich willkommen. Das Ensemble zeigt die Inszenierung Gier nach der Vorlage der britischen Dramatikerin Sarah Kane. Lange bevor der Begriff „toxisch“ zur Beschreibung von Beziehungen verwendet wurde, verfasste Kane einen Text über genau solche Beziehungs- und Gewaltverhältnisse. Das zärtlich verzweifelte Langgedicht für vier Stimmen wirft folgende Fragen auf: Ist Intimität immer eine Zumutung? Wie kann man der Gewalt romantischer Liebe entkommen? Und lassen sich die gierigen Stimmen im Kopf überhaupt zum Schweigen bringen? In der jährlichen Kritiker*innenumfrage des Magazins „Theater heute“ wurde die Hauptdarstellerin Wiebke Mollenhauer zur Schauspielerin des Jahres ernannt.

Durch die Präsentation deutschsprachiger Inszenierungen möchte das Prager Theaterfestival deutscher Sprache tschechischen Theatern neue Impulse geben. Daneben zeichnet es mit dem Josef-Balvín-Preis alljährlich auch die beste tschechische Inszenierung eines ursprünglich deutschsprachigen Textes aus. Über den Gewinner entscheidet eine Jury bestehend aus Theaterkritiker*innen. Die Inszenierung des diesjährigen Preisträgers ist am 2. Dezember im Divadlo X10 zu sehen. Ausgezeichnet wurde die Theateradaptation der sog. Wartesaal-Trilogie von Lion Feuchtwanger. Der erste Teil trägt den Titel Erfolg. Als Beitrag zu einem langfristig angelegten Theaterprojekt steht das Stück seit 2021 auf dem Spielplan des Divadlo X10. Der zweite Teil mit dem Titel Die Geschwister Oppermann beschreibt die Zeit kurz vor Hitlers Machtergreifung sowie die ersten Wochen und Monate des Nazi-Regimes. Der letzte Teil der Trilogie, Exil, beschäftigt sich mit dem Schicksal deutscher Flüchtlinge in Paris.

Zum Abschluss des Festivals zeigt das Theater La Fabrika in Holešovice am 3. Dezember eine Koproduktion des Escher Theaters aus Luxemburg und des St. Pauli Theaters aus Hamburg. Die Inszenierung trägt den Titel Im Schatten der Diktatur – Der Schauspieler René Deltgen. Text und Dramaturgie beruhen auf der Zusammenarbeit des in Deutschland wirkenden, belgischen Theaterdarstellers Kristof van Boven und dem luxemburgischen Regisseur Frank Feitler. Im Zentrum des Stücks steht das Leben von René Deltgen, v.a. seine phänomenale Schauspielkarriere zu Zeiten des NS-Regimes.

Das diesjährige Off-Programm ist vor allem der renommierten deutschen Bühnenbildnerin Nina Wetzel gewidmet. Wetzel studierte Bühnen- und Kostümbild an der École Supérieure des Arts et Techniques in Paris. Seither arbeitete sie u.a. für das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg, die Volksbühne Berlin, das Schauspielhaus Zürich, das Residenztheater München, das Maxim Gorki Theater Berlin, das Burgtheater Wien, das Théâtre Vidy Lausanne, die Opéra de Dijon, die Comédie Française sowie zahlreiche weitere Szenen. Teil des Programms ist ein Workshop mit Nina Wetzel sowie eine Ausstellung ihres bühnenbildnerischen Schaffens in den Räumlichkeiten des Goethe-Instituts Prag und des Divadlo Na zábradlí.

Bildnachweis:
Theater.cz / © Matthias Horn - Berliner Ensemble: Draussen vor der Tür
Rubrik: Kultur, Theater, Oper, Tanz | 20. Oktober 2023, 00:11 Uhr
Theaterfestival deutscher Sprache in Prag: Berliner Ensemble zu Gast im Prager Theater in den Weinbergen

Prag - Welche Verantwortung übernehmen wir für die Folgen der Kriege „draußen vor der Tür“, an denen wir beteiligt sind? Was wollen wir wissen von den Auswirkungen der Gewalt „draußen vor der Tür“, von der wir profitieren? Wer ist bereit, sich der Wahrheit eines Schlachthauses zu stellen, bevor er sich sein Wurstbrot schmecken lässt?

Beckmann, der traumatisierte Kriegsrückkehrer, für den eine Heimkehr jedoch nicht möglich ist, bleibt „draußen vor der Tür“, nachts im Regen, auf der Straße. Verfolgt von seinen quälenden Erinnerungen, will er keinen Tag länger ermordet werden und keinen Tag länger Mörder sein. Er schreit der Gesellschaft ihre kollektive Schuld ins Gesicht und verlangt Antwort.

Michael Thalheimer bringt das „Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will“, wie Borchert es betitelte, mit Kathrin Wehlisch als Beckmann auf die Bühne.


Mit tschechischer Übertitelung.

Karten sind im Vorverkauf erhältlich im Verkaufsnetz von GoOut.net ab 21.10.2023. (nk)

Bildnachweis:
Theater.cz / © Matthias Horn - Berliner Ensemble: Draussen vor der Tür
Rubrik: Kultur, Theater, Oper, Tanz | 19. Oktober 2023, 23:26 Uhr
Theaterfestival deutscher Sprache in Prag: Hommage an Pavel Kohout - Komisch dramatische Omelette in einem (letzten) Akt - tschechischsprachige Theatervorstellung des Laientheatervereins ŽUMPA

Prag - Pavel Kohout schrieb das tragikomische Schauspiel "Sex! in einer außerordentlich trostlosen Zeit „zur Erheiterung seiner Freunde“. Sechs Partisanen planen darin die Sprengung eines Zuges des feindlichen Lagers. In den Protagonisten zeichnet der Autor die karikierenden Porträts der sechs Autoren, die damals eine Petition zur Befreiung politischer Häftlinge verfassten – Václav Havel, Ivan Klíma, Alexandr Kliment, Karel Kosík, Ludvík Vaculík sowie Pavel Kohout selbst.

Ein Sextett aus Partisanen in einer Erdhütte (Zemlyanka) im Prager Park Stromovka. Die Vorbereitung einer fatalen Tat, Kennwörter, Patrouillen, Verschwörungen, "amádová furniklovice na rušně" – und Worte, Worte und abermals Worte. „Werte Herren, ich würde auch lieber kochen, schreiben oder zu spät kommen, aber wenn wir alle kochen, schreiben und zu spät kommen, jagen wir den Zug nie in die Luft!“

Die Vorstellung entstand in Zusammenarbeit der Theaterensembles: Ochotnický spolek ŽUMPA, Divadlo Máj Praha, Divadelní soubor Ragueneau und Divadelní soubor Hraničář Rumburk.

Nur auf Tschechisch.

Karten sind im Vorverkauf erhältlich im Verkaufsnetz von GoOut.net ab 21.10.2023. (nk)

Bildnachweis:
Theater.cz / © Jaroslav Kodeš / Ester Šebestová / Jakub Janco - Ochotnický spolek ŽUMPA
Rubrik: Kultur, Theater, Oper, Tanz | 19. Oktober 2023, 22:50 Uhr
Thalia Theater Hamburg, Berliner Ensemble, Volkstheater Wien, Schauspielhaus Zürich - die 28. Ausgabe von theater.cz bringt wieder erstklassige Ensembles nach Prag

Prag - Das von Pavel Kohout und Reneta Vatková 1996 ins Leben gerufene Prager Theaterfestival deutscher Sprache bietet jedes Jahr einen anspruchsvollen Überblick zeitgenössischer Theaterinszenierungen. In diesem Jahr findet es bereits zum 28. Mal statt. Motto des diesjährigen Festivals: "selber schuld". 

Verschiedene Prager Bühnen, darunter das Divadlo Archa, das Theater in den Weinbergen, das DOX+ oder die Neue Bühne des Nationaltheaters zeigen einen Überblick der beeindruckendsten Theaterproduktionen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum. Auf Einladung von Petr Štědroň, dem Direktor des Festivals, kommt eine Auswahl bemerkenswerter deutschsprachiger Produktionen unter anderem aus dem Repertoire des Thalia Theaters Hamburg, des Berliner Ensembles, des Volkstheaters Wien, der Schaubühne am Lehniner Platz sowie des Schauspielhauses Zürich in Prag zur Aufführung.

Alle Vorstellungen werden traditionsgemäß ins Tschechische gedolmetscht, damit auch jene Zuschauer auf ihre Kosten kommen, die des Deutschen nicht mächtig sind. Die meisten Produktionen werden zweimal aufgeführt, damit sie so viele Zuschauer wie möglich sehen können.

"Das Motto des diesjährigen Festivals lautet selber schuld und verweist auf die gegenwärtige Weltlage, zu der wir leider alle beitragen. Wir sind selber schuld. Erneut leben wir in einer Welt voller Kriege und blutiger Konflikte, fahren unsere Waffenarsenale hoch und sind taub – Worte dringen nicht mehr zu uns vor. Es geht nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, sich seine eigene Schuld einzugestehen und einen Ausweg zu suchen“, so Petr Štědroň, Leiter des Festivals.

Das Festival bietet dabei wieder ein reichhaltiges Rahmenprogramm. (nk)

Bildnachweis:
Theater.cz / © Arno Declair - Schaubühne am Lehniner Platz: Im Herzen der Gewalt