Prag Praha

Gastronomie

An der Wiege des böhmischen Weißbiers - die Klosterbrauerei Strahov in Prag

Die Kleinbrauerei in der Prämonstratenser-Abtei stellt auch Bier-Klassiker in den Schatten

Klášterní pivovar Strahov

Strahovské nádvoří 301
118 00
Praha 1
Tel: +420 233 353 155

Prag - Mit seiner wertvollen Kunstsammlung, den Bücherschätzen seiner Bibliothek und dem unvergleichlichen Ausblick über Laurenziberg (Petřín), Hradschin und die Altstadt ist das Kloster Strahov ein Höhepunkt jeder Sightseeing-Tour durch Prag. Doch das altehrwürdige Areal, Abtei des Prämonstratenser-Ordens, beherbergt auch eine kulturelle Attraktion ganz anderer Art.

In der Brauerei des Klosters wird das St. Norbert gebraut, eines der besten Biere des Landes. Unter anderem kam hier die alte Tradition des böhmischen Weißbiers (Weizen) wieder zum Leben. Abgesehen davon kann man in dem Brauereilokal auch wunderbar böhmisch essen, wie wir Anfang Oktober an einem der letzten warmen Abende des Altweibersommers erfahren haben.

Die Strahover Brauerei (Klášterní pivovar Strahov), ein Familienbetrieb, ist eine typische Kleinbrauerei wie sie auch im ansonsten von Bier-Multis beherrschten Böhmen immer beliebter werden. Ein besonderes Erlebnis für Bierfreunde ist übrigens ein Besuch des kleinen Brauraums mit seinen Kesseln (Infos zur Gruppenführung mit Bierverkostung). Ich hatte von dem leckeren Weizen schon oft gehört und war als Schneider- und Moy-verwöhnter Exilbayer schon lange neugierig auf die Prager Weiße.

Anfang Oktober ergab sich endlich die Gelegenheit. Ein Freund - Norddeutscher zwar, aber mit Weizen durchaus vertraut - schlug eine kleine Kleinseitner Kneipentour vor, unter anderem mit Stationen in den legendären Prager Bierschwemmen "Zum Schwarzen Ochsen" (U Černého vola) und "Zum Nilpferd" (U hrocha). Beginnen sollte der abendliche Erkundungsgang vernünftiger Weise am höchst gelegenen Punkt der Route, in Strahov.

Strahover Bierspezialitäten wechseln mit den Jahreszeiten

Als wir in der Brauerei ankommen, wird der Festsaal des Lokals, rechts neben der Terrasse gelegen, gerade für eine größere Gesellschaft hergerichtet. Auch in der kleineren, sehr gemütlich wirkenden Braustube gegenüber scheinen Vorbereitungen im Gange zu sein. Wir entscheiden uns also für die goldene Mitte und nehmen einen Tisch auf der Terrasse; das Wetter erlaubt es ja noch.

Wir bekommen die Karte und bestellen gleich die Getränke, Bier natürlich. Ich zögere allerdings das Weizen-Erlebnis noch etwas hinaus und nehme zunächst, vom saisonalen Angebot (so etwas gibt es hier wirklich) beeindruckt, ein kleines St. Norbert Herbstbier. Das mit 6,3 Prozent Alkohol in der Klasse der Bockbiere einzuordnende Gebräu (zum Vergleich: ein typisches tschechisches Schankbier hat etwa 4 % Vol.) wird jährlich ab dem 28. September ausgeschenkt.

Saisonale "Anstiche" gibt es außerdem am 5. Dezember (helles, ungefiltertes Weihnachtsbier mit 5,3 %), am Freitag vor Karfreitag (Osterbier mit 5,3 %) und am 6. Juni (St. Norbert Weizen).

Ganzjährig gezapft werden das St. Norbert Jantar ("Bernstein"), ein Bier im Märzen-Typ mit 13 Grad Stammwürze und 5,3 % Alkohol sowie das Dunkle (14 Grad Stammwürze, 5,3 % Alkohol). Außerdem gibt es noch Budweiser Lager und Erdinger Weißbier, aber die sind ja auch anderswo zu bekommen.

Klassische böhmische Gerichte dominieren die Speisekarte

Saisonale Spezialitäten sind auch auf der Speisekarte vertreten, die insgesamt erfreulich klar von der altböhmischen Küche bestimmt ist. Ein Kapitel für sich bilden die Gerichte auf Bierbasis.

Hopfenprodukte wollen wir an diesem Abend aber lieber konventionell genießen und stellen uns ein Menü aus aktueller und Standard-Karte zusammen: Kaninchenleberpastete und die landestypische Kuttelsuppe (Drštková polévka) vorneweg, danach Hirschbraten mit Hagebuttesauce und Kaninchen in Weißwein mit böhmischen Knödeln.

Dazu bestellen wir das nächste Bier, jetzt ist das Weizen an der Reihe, und freuen uns auf unsrer Terrasse, nicht in eine der Stuben eingekehrt zu sein. Das Lokal füllt sich zunehmend; links sieht es nach einer Firmen-Party aus, rechts formieren sich zwei Reisebusse Japaner zum Abendessen.

Das Weizen ist wirklich ein Genuss, sehr süffig und trüb von Hefe. Nach dem starken, schweren Herbstbier wirkt es richtig erfrischend. Das muss ich in den warmen Monaten wiederholen.

Was das Essen betrifft, schmecken uns die Wild-Gerichte am besten. Der Hirschbraten mit der süß-sauren Hagebuttensauce ist aus meiner Sicht klarer Sieger, aber das Kaninchen scheint die Erwartungen auch weit übertroffen zu haben. Ganz im tschechischen Wirtshaus-Standard dagegen die "drštkovka". Kaum etwas schmeckt in Tschechien gleicher, egal welche Kategorie von Lokal man in welcher Region und Saison besucht. Als ob es eine verpflichtende Zentralrezeptur dafür gäbe. Ich habe mich lange Zeit dem Zauber dieser tschechischen Spezialität widersetzt, aber irgendwann war ich auch überzeugt, dass so eine Suppe als kräftigende Basis unschlagbar ist.

So gestärkt verabschieden wir uns von der Klosterbrauerei, angemessen mit einem St. Norbert Hefeweizen. Fast scheint es mir, als würde seine Hefe auch die Vorfreude auf die folgenden Stationen des Abends trüben. Von Strahov aus betrachtet wirken sogar echte Bier-Klassiker wie ein "Downgrade". Vielleicht sollten wir die Tour das nächste Mal in umgekehrte Richtung gehen. (gp)

Bildnachweis:
Klasterni-pivovar.cz
Zuletzt aktualisiert: 8.10.2020
Autor: Georg Pacurar

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