Blogs

Blogs

Der Autor

Carla Bihl, Jahrgang 1994, studiert an der Prager Karls-Universität Germanistik. Ihre Heimatuniversität ist in Freiburg, wo sie Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft mit dem Schwerpunkt Neuere deutsche Literatur sowie Kulturanthropologie studiert.

In ihrer Freizeit testet sie gerne alle möglichen Bars, besucht Kinos und erkundet ihre Umgebung. Sie liest zudem sehr gerne und viel. Hiervon möchte sie in ihrem Blog berichten.

Für prag aktuell ist sie seit Oktober 2017 als Redakteurin tätig und bloggt über ihre Erlebnisse.

Weitere Beiträge dieses Autors

Asiatische Suppen, Winkekatzen und Elektroschocker im Prager Stadtteil Holešovice

Mehr zum Thema

prag aktuellprag aktuell | Rubrik: Kriminalität | 4.08.2016
Zöllner beschlagnahmen gefälschte Markenturnschuhe im Marktwert von 75 Millionen Kronen
Themen: Sapa-Markt, Asia-Märkte, Produktfälschungen, Einkaufen, Lokales, Prag
Rubrik: Reise | 10.05.2016
Wie gelangt man vom Prager Stadtzentrum zum größten Vietnamesenmarkt - und lohnt es sich überhaupt?
Themen: Asia-Märkte, Sapa-Markt, Reisetipps
prag aktuellprag aktuell | Rubrik: Kriminalität | 23.10.2013
Größter Vietnamesenmarkt der tschechischen Hauptstadt diente als Vertriebslager
Themen: Polizeiberichte, Asia-Märkte, Sapa-Markt, Lokales, Prag, Produktfälschungen
Tschechien OnlineTschechien Online | Rubrik: Panorama | 6.11.2008
Feuerwehr-Sprecher: "Schlimmste Brandkatastrophe seit 25 Jahren"
Themen: Sapa-Markt, Asia-Märkte, Brände
| | Einkaufen | 8.11.2017

Vietnamesischer Sapa-Markt in Prag

Ein Markt in einer Parallelwelt - Zwischen Betonboden, Falschware und tollem Essen

Dienstag, 10.00 Uhr. Nachdem wir mit Tram, U-Bahn und Bus nach etwa einer Stunde auf dem mit Beton überzogenen Parkplatz am Eingang des Sapa-Marktes stehen, fühle ich mich erst einmal ein bisschen verloren. Der Wind pfeift mir um die Ohren, um uns herum gibt es wenig zu stauen. In der Weite sehe ich sogar ein Dorf, fühle mich plötzlich nicht mehr, als wäre ich in Prag. Wir wollen nach rechts laufen, aber dieser Weg führt nur auf die Hauptstraße. Hier werden wir sicher nicht zum Markt gelangen, von dem ich sowohl Schlechtes als auch Gutes gehört habe. Der Weg zum Sapa führt für uns dann also durch ein Geschäft. Das muss man erst mal wissen. 

Als wir am anderen Ende dieses Geschäfts herauskommen, erwartet uns noch mehr grauer Betonboden und darum herum einige Läden mit asiatischer Aufschrift. Das Gelände ist riesig so scheint es und die Auswahl enorm. Plötzlich verstehe ich die Bezeichnung "Klein-Hanoi" oder einfach Vietnamesenmarkt, die dem Markt immer wieder zugeschrieben wird. Im Sommer soll es hier auch draußen Stände geben, wird mir gesagt. Heute ist es aber kalt – Anfang November – und relativ leer. Wir gehen weiter. Weiter an vielen Autos, Autos, die kurz davor sind zusammenzufallen, Autos, deren Marke ich nicht kenne, Autos, die so aussehen, als würden sie eine Menge Geld kosten. Ich frage mich, ob man hier viel Geld verdienen kann und bin gespannt auf das, was mich folgend erwarten wird. Im Nachhinein erfahre ich: Einer der Wagen war ein getunter Porsche GT, ungefähr 150.000 Euro Neupreis. Na dann. 

Wir gehen weiter. Schließlich landen wir in der ersten Halle. Ich sehe Berge voll Kleidern, Jeans, Pullovern, Jacken. Ein ganzer Bereich nur mit Uhren. Ich sehe Spielsachen, Taschen, Plüschtiere. Auch der Boden hier ist aus grauem Beton. Hier ist es noch kälter als draußen und es riecht nach Plastik. Wir haben jetzt 10.15 Uhr. Was das Internet mir ausgespuckt hat: Der Markt öffnet um 08:00 Uhr. Trotzdem ist kaum was los in den kalten Hallen am Rande Prags. Ich sehe Verkäufer ihre Ware auspacken, ich sehe Verkäuferinnen Karten spielen, ich sehe kaum Kaufende. 

Wir wollen ein Foto machen: nicht so leicht, denn das ist hier nicht erlaubt. Ich kann mir dann denken weshalb. In der Vergangenheit soll es hier immer wieder Razzien gegeben haben. Wieso? Hauptsächlich wegen Drogen und gefälschter Ware, aber anders als erwartet sehe ich hier nicht sehr viel offensichtlich gefälschte Marken. Was mir aber dann doch ins Auge fällt: Camp Davyn. Wer die Marke Camp David kennt, dürfe hier genauso schmunzeln wie ich. 

Anders als man das von südeuropäischen Basaren kennt, wird man hier aber nicht direkt angequatscht. Als ich dann doch mal ein Teil finde, das mir gefällt und nach dem Preis fragen will, die prompte Antwort: "Only one" in dem wohl schlechtesten Englisch, das ich je gehört habe. Tatsächlich ist das hier so etwas wie ein Großmarkt und eher für Händler als für Kleineinkäufer wie uns geeignet. Auch an den nächsten vier Ständen erwartet uns diese Antwort. Einer von ihnen erklärt uns das mit Armen und Beinen. Wir sagen also Adieu zur ersten Halle und begeben uns wieder ans Tageslicht. 

Ab in den nächsten Laden. Hier gibt es zwar keine Kleidung, aber sonst tatsächlich alles. Da sehen wir meterhohe Regale, solche, die bis an die Decke reichen. Ich laufe an einem Rasenmäher vorbei, an Küchenware, an Turnbeuteln, Glätteisen und Elektroschockern. In der hintersten Ecke des Ladens gibt es Bongs zu kaufen, mit entsprechenden Utensilien versteht sich. Ein Plastikmarienkäfer kreuzt unseren Weg. Witzig, für was ist der denn? Die Antwort: Damit kann man Marihuana zerkleinern. Oh. Wir gehen weiter. 

Draußen angekommen, schauen wir uns noch einmal um. Wollen wir in noch mal wo rein? Nein. Ob ich noch mal auf den Markt gehen würde, fragt mich ein Freund: Wohl eher nicht. 

Trotzdem muss man sagen, dass der Sapa-Markt eine Reise wert ist. Hier findet man alles, was das Sparerherz begehrt. Auch wer gerne einmal die andere Seite von Prag sieht, es mag in andere Welten einzutauchen, dürfte hier genau richtig sein. Der Markt bietet neben einem breiten Angebot an Waren aller Art auch etliche Essenstände, Restaurants oder Schnellimbisse. Es dürfte wohl die einzigartige Atmosphäre sein, die den Sapa so interessant macht. Wenn man sich teilweise tatsächlich fühlt, als wäre man in Fernost und laufe über einen Markt, dessen Hinterzimmer wohl so einige Überraschungen offen halten.

Bildnachweis:
prag aktuell / Autor: Carla Bihl
Obchodní centrum Sapa
Libušská 319/126
142 00
Praha 4
Hauptstadt Prag (Hlavní město Praha)
Tschechische Republik

Auch interessant