Prag - Nur sechs Tage, nachdem die tschechische Mitte-Rechts-Regierung knapp die Vertrauensfrage im Abgeordnetenhaus überstanden hat, ist die parteilose Kulturministerin Helena Třeštíková gestern zurückgetreten.
Der "politische Druck seitens der ODS“ bei der Auswahl ihrer Stellvertreter sei zu stark gewesen, gab die Filmemacherin zur Begründung an.
So habe Premier Mirek Topolánek darauf gedrängt, František Formánek zum stellvertretenden Kultusminister zu ernennen. Dieser hat Medienberichten zufolge eine entscheidende Rolle dabei gespielt, die beiden sozialdemokratischen Überläufer Miloš Melčák und Michal Pohanka zur indirekten Unterstützung der Regierung bei der Vertrauensabstimmung zu bewegen.
Überrascht von dem schnellen Rücktritt Třeštíková zeigte sich gestern nicht nur Topolánek, der von einer "irrationalen Entscheidung" sprach, sondern auch die Christdemokraten, für die die Regisseurin im Kabinett saß. Die KDU-ČSL will nun bis Freitag einen neuen Kandidaten benennen.
Der Kommentator der Mladá fronta Dnes, Martin Komárek, meint, Třeštíková habe ohnehin nicht in die Politik gepasst: "Die Regisseurin Třeštíková hat schnell erkannt, dass ihr Platz woanders ist, und hat auf anständige Art und Weise abgedankt, ohne große Anschuldigungen und ohne großes Türenknallen. Für diese und kommende Regierungen könnte dies eine unschätzbare Lehre darstellen: Das Kulturministerium braucht an seiner Spitze keine große Kulturpersönlichkeit, sondern einen fähigen Politiker." (gp/nk)