Prag - Wer am Vorabend zum 1. Mai überall in Prag Hexen, Zauberern und schwarzen Katzen begegnet, muss nicht ins Casting zu einem Märchenfilm geraten sein. Der kuriose Aufzug hängt eher mit der Walpurgisnacht zusammen, die überall in Tschechien gefeiert wird.
Das feuchtfröhliche Volksvergnügen findet im Freien statt, an offenen Feuern, die oft haushoch lodern.
In den Flammen werden Hexenfiguren verbrannt, wie auf einem Scheiterhaufen. Dies hindert deren Kolleginnen jedoch nicht daran, Besen schwingend fröhliche Reigen ums Feuer zu tanzen. Im Mittelalter, wo diese Tradition wurzelt, hätten sie das bestimmt bleiben lassen.
Anlässlich der Hexenfeuer finden vielerorts Konzerte oder Theatervorstellungen statt. Danach wird in der Regel getanzt und gefeiert, bis die letzte Glut erloschen ist, was bei einem ordentlich Scheiterhaufen bis zum Morgen dauern kann.
Die größten Walpurgisnacht-Spektakel in Prag steigen traditionell in dem Park vor dem ehemaligen Gutshof Ladronka in Břevnov (Prag 6) und auf der Insel Kampa (Prag 1), veranstaltet von den jeweiligen Bezirksrathäusern. Eine Břevnover Besonderheit ist die alljährliche Wahl der "Miss Hexe", bei der besonders gelungene Kostüme prämiert werden. Auch in Žižkov wird im Areal Pražačka wieder ein großes Feuer entzündet. Beliebt ist auch das Hexenfeuer im Zentralpark in Pankrác, meist spielen hier Ska-Bands auf einer großen Bühne.
Der am zentralsten gelegene und beliebteste Ort ist jedoch sicher die Kampa auf der Kleinseite, wo das Hexenfeuer dieses Jahr mitten im Park brennt. Wer lange genug durchhält, kann im Morgengrauen gleich mit einer anderen Prager Tradition weitermachen: Am 1. Mai, dem Tag der Liebe, gehen Paare auf den Laurenziberg (Petřín), um sich unter einem blühenden Kirschbaum zu küssen. (gp/nk)