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Tschechien OnlineTschechien Online | Rubrik: Musik | 21.12.2009
Zwei neue CDs aus dem Hause Supraphon

Prag - Zwei CDs der tschechischen Plattenfirma Supraphon mit Kammermusik, in deren Mittelpunkt Blasinstrumente stehen, sind fast zeitgleich auf den Markt gekommen - Zufall oder Absicht?

Jedenfalls ermöglicht uns diese zeitliche Häufung einen Vergleich des unvergleichlich Gleichem vorzunehmen.

Beide CDs bieten versierten Soloisten von Waldhorn, Oboe und Klarinette die Möglichkeit, ihr Können unter Beweis zu stellen, und auf beiden Einspielungen tun sie das mit Stücken, die man nur höchst selten zu Gehör bekommen dürfte.

"Serenade" heißt die CD des Ensembles Baborák um den Klarinettisten Radek Baborák nach der Komposition von Bohuslav Martinů, die den beschwingten Auftakt dieser Auswahl eher leichter musikalischer Kost bildet. Im Grunde besteht die Sammlung aus kompositorischen Beiwerken: Ist die "Serenata in vano" von Carl Nielson noch ein häufiger eingespieltes Kleinod der heiteren Kammermusik, so diente sein "Canto serioso" eigentlich nur als Orchester-Aufnahmeprüfung für Waldhornspieler, die daran beweisen sollten, ob sie die schwierigen tiefen Lagen dieses Instrumentes tatsächlich beherrschen. Sollte dies auch der Sinn der Übung auf der CD gewesen sein, kann man sagen: Waldhornist Stefan Wenzel hat mit Bravur bestanden.

Die sehr kurzen Passagen von Charles Koechlin wiederum, die als Filmmusik komponiert waren, kamen nie zum cineastischen Einsatz. Stimmungskompositionen nennt man die Stückchen nun im Nachhinein, womit vor allem die gepflegte heitere Laune gemeint sein muss. Schließlich wurde auch die zweite Komposition von Martinů auf dieser CD bislang nur selten eingespielt. Der altersweise Komponist wollte ohnehin seinen kompositorischen Jugendstreich dort belassen, wo er schon lange war: in der Versenkung. Dabei ist gerade dieses dreisätzige Quartett für Cello, Klarinette, Waldhorn und kleine Trommel, wenn auch etwas sperrig, so doch das interessanteste Stück der CD. Ingesamt ist es jedenfalls erstaulich, dass sich diese eigentlich fast nur aus wiederverwerteten kompositorischen Abfällen zusammengestellte CD doch zu einem Ganzen fügt - wenn auch in leichter Form, als Serenade eben.

Gewichter kommt die zweite CD daher, deren Musik ausnahmslos von tschechischen Komponisten des 20. Jahrhunderts stammt: das Titelstück "Risonanza" für Harfe Solo und "ordo modalis" für Harfe und Oboe von Petr Eben, zwei Werke von Jan Hanuš für Oboe, Harfe und Klavier und schließlich die Suite op. 17 des im KZ Theresienstadt ermordeten Pavel Haas.

Die drei jungen tschechischen Musiker, die gemeinsam auf der CD wirken, sind gefragte Solisten ihrer Instrumente, und das merkt man der CD im Guten wie auch im weniger Guten an. Der Umstand, der den Werken von Hanuš und Eben sehr zugute kommt, ist bei der Suite für Oboe und Klavier von Pavel Haas eher abträglich.

Im Vergleich mit der nur wenige Jahre zurückliegenden Einspielung des Oboeisten Vojtěch Jouza und der Pianistin Jitka Čechová erscheint auf dieser CD vor allem die Oboe von Vilém Veverka in dem nachdenklichen Stück aus dem Jahr 1939 unnötig aufdringlich. Und dem in der modernen Klassik eigentlich sehr versierten Pianisten Ivo Kahánek, der mit seiner Einspielung der Kabeláč-Prelüdien Maßstäbe gesetzt hatte, merkt man an, dass er sich mit den – allerdings nur sehr kurzen – jazzig-angehauchten Passagen im "Trio concertante" von Hanuš etwas schwer tut, allerdings nur, um in dessen Sonate umso mehr zu glänzen.

Beide CDs sind trotz ihrer kleinen Schwächen und großen Unterschiede auf ihre Weise lobenswert, schon allein ihres gewagten Repertoires wegen, das – ob man es nun etwas leichter oder doch eher gewichtiger mag – letztlich auf höchstem Niveau dargeboten wird.

Doch sei hier nun noch ein letztes Wort zur Cover-Gestaltung erlaubt: Man hat das Gefühl, dass die Plattenfirma Supraphon, der eigentlich oft sensationell schöne Cover geraten, nun auch vom Taumel des zunehmenden Star-Getues erfasst worden ist, es aber zugleich völlig anders machen will. Ist das Sofa-Portrait der "Serenade" gerade noch erträglich, so ist die schwüle Dreiecksszene der "Risonanza" völlig daneben. Der Bezug zur Musik jedenfalls ist nicht mehr auszumachen – aber gottlob zählt ja letztlich nur diese. (mm)

Weitere Infos: www.supraphon.com Themen: Kammermusik, Supraphon
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