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www.unicef.dewww.unicef.de, www.ecpat.dewww.ecpat.de | Pressemitteilungen | 2.6.2005

Prag - Ein Jahr nach der EU-Osterweiterung werden in der Grenzregion Kinder weiter zur Prostitution gezwungen. Für viele Kinder dort gehört Kinderprostitution zum normalen Alltag. Dies zeigt eine Studie, die UNICEF gestern in Prag veröffentlicht hat.

Bei einer Befragung von mehr als 1.500 Kindern und Jugendlichen berichtet fast jedes siebte Kind in der tschechischen Stadt Cheb nahe der deutschen Grenze davon, dass ihm einmal ein Erwachsener Geld für Sex angeboten habe.

In einem gemeinsamen Appell fordern UNICEF Deutschland, Österreich und Tschechien sowie die Kinderrechtsorganisation ECPAT die Regierungen auf, die sexuelle Ausbeutung von Kindern in der Mitte Europas wirksamer zu bekämpfen.

„Es ist erschreckend, dass trotz vieler Warnungen und Appelle die Kinderprostitution mitten in Europa weitergeht“, sagte Reinhard Schlagintweit, Vorsitzender von UNICEF Deutschland. „Die Behörden müssen diese unmenschliche Praxis verfolgen und den Opfern helfen.“

„Die Politiker müssen ihre Versprechungen einhalten. Die deutsche Seite hat zum Beispiel eine Aufklärungsaktion an der Grenze und Schulungen bei Bundesgrenzschutz und Polizei zugesagt. Geschehen ist bislang viel zu wenig“, sagte Mechtild Maurer, Geschäftsführerin von ECPAT Deutschland.

Die Ergebnisse der tschechischen Studie im Einzelnen:

Mit Unterstützung von UNICEF wurden von der Prager Karls-Universität 1.585 Schulkinder im Alter von sieben bis 15 Jahren interviewt - 844 davon in der tschechischen Stadt Cheb nahe der deutschen Grenze und 741 in Prag.

- 43 Prozent der befragten Mädchen in Cheb halten demnach Prostitution für eine gute Möglichkeit Geld zu verdienen, wenn man keine Ausbildung hat (in Prag äußerten nur fünf Prozent der Kinder diese Ansicht).
- Fast zehn Prozent der in Cheb befragten Kinder können sich vorstellen, sich selbst zu prostituieren, in Prag sind dies sechs Prozent.
- Die Mehrheit der Kinder weiß, dass es in ihrer Stadt Kinderprostitution gibt (75 Prozent in Cheb, 65 Prozent in Prag).
- Viele Kinder gaben an, selbst Kinderprostituierte gesehen zu haben (29 Prozent in Cheb, 12 Prozent in Prag).
- Fast 14 Prozent der Kinder in Cheb und zehn Prozent der Kinder in Prag berichteten, dass ihnen schon einmal ein Erwachsener Geld für Sex angeboten habe.

Nicht eingehaltene Zusagen

Nachdem UNICEF und ECPAT Deutschland im Oktober 2003 den Bericht „Kinder auf dem Strich“ über Kindesmissbrauch im deutsch-tschechischen Grenzgebiet veröffentlicht hatten, beschloss eine Arbeitsgruppe aus deutschen und tschechischen Behördenvertretern sowie ECPAT ein umfangreiches Arbeitsprogramm.

Dies wurde nur in einem einzigen Punkt abgearbeitet: Im Mai 2004 konnte ECPAT 80 tschechische Polizisten schulen, die für das Delikt sexueller Missbrauch zuständig sind. Auf deutscher Seite wurde zwar das Strafrecht im Bereich Menschen- und Kinderhandel verbessert. Doch die von der deutschen Regierung versprochene Aufklärungsaktion an der deutsch-tschechischen Grenze wurde nicht in die Wege geleitet. Das Bundesinnenministerium setzte die versprochenen Schulungen bei Bundesgrenzschutz und Polizei nicht in die Tat um. Eine für Ende 2004 anberaumte Sitzung der multinationalen Arbeitsgruppe wurde auf unbestimmte Zeit verschoben.

Keine Unterstützung für KARO

Der grenzüberschreitende Verein KARO e.V. erhält seitens des zuständigen sächsischen Innenministeriums keine Fördermittel mehr. Nur mit Hilfe privater Spenden unterstützen noch zwei Sozialarbeiterinnen Opfer sexuellen Missbrauchs im Grenzgebiet. Polizeirazzien und viele Medienberichte haben dafür gesorgt, dass die Zuhälter ihre Geschäfte mit den Kindern noch stärker als zuvor im Verborgenen abwickeln – in Privathäusern oder Hotels. Trotzdem suchen viele Kinder wieder Hilfe bei KARO, berichtet Cathrin Schauer, Geschäftsführerin von KARO und Autorin des Berichts „Kinder auf dem Strich“.

ECPAT und UNICEF fordern die Regierungen in Deutschland, Österreich und Tschechien auf, den Schutz der Kinder im Grenzgebiet sicherzustellen. Die Regierungen können dabei das Wissen der Hilfsorganisationen nutzen. UNICEF hat Leitlinien für einen angemessenen Umgang mit betroffenen Kindern entwickelt. Sie beschreiben detailliert, wie die Opfer geschützt und unterstützt werden können - von der ersten Identifizierung bis zur Wiedereingliederung in ein normales soziales Umfeld. Zusätzlich hat UNICEF zusammen mit der Interparlamentarischen Union ein Handbuch für Parlamentarier herausgegeben, das aufzeigt, welche Maßnahmen in Europa ergriffen werden müssen, um wirksam gegen Kinderhandel und sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen vorzugehen.

Die Forderungen von ECPAT und UNICEF:

- Konkrete Zusammenarbeit auf allen Ebenen und verstärkte Anstrengungen, zum Beispiel durch verdeckte Ermittlungen, Täter dingfest zu machen und zu bestrafen;
- intensives Training von Polizei und Bundesgrenzschutz, damit Opfer Hilfe erhalten und nicht länger kriminalisiert werden;
- Aufklärungskampagnen im Grenzgebiet;
- Finanzielle Unterstützung von Hilfsorganisationen wie KARO.

Autor:
Pressemitteilung von UNICEF, 2.6.2005

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