Prag - Einer der etwas stilleren Orte, der von den meisten Touristen übersehen, aber dennoch einen Besuch wert ist, ist das Jan-Žižka-Denkmal mit seinem funktionalistisch-monumentalen Anbau auf dem Veitsberg (Vítkov), unweit des Prager Hauptbahnhofs in Stadtteil Žižkov.
Das neun Meter hohe und achtzehn Tonnen schwere Monument ist eine der größten Bronzestatuen der Welt und gehört zu den dominanten Bauwerken im Stadtbild von Prag.
Seine - womöglich tragische - Besonderheit liegt vor allem in der ständig wechselnden Bedeutung, welche die Geschichte ihm zugesprochen hat. So gingen die ersten Planungen des Monuments auf die Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie zurück, als das Bauwerk von den Tschechen als Erinnerungsort für den größten hussitischen Feldherrn, nämlich Jan Žižka von Trucnov, geplant wurde
Zeitenwandel: Denkmal, Mausoleum, Museum
Doch der Baubeginn des Ehrenmals verzögerte sich bis zum Jahr 1928, in die Zeit der ersten Tschechoslowakischen Republik. Für den ersten eigenständigen tschechoslowakischen Staat sollte das Denkmal zum Aufbau einer eigenen Militärtradition und als Gedenkort für die Soldaten der tschechoslowakischen Legion dienen.
Die Legionäre hatten im ersten Weltkrieg gegen Österreich-Ungarn gekämpft und wurden von dem späteren ersten Präsidenten des neuen Staates, Tomáš Garrigue Masaryk, als Trumpf und Argument zur Untermauerung des Anspruchs auf einen eigenen Staat in die diplomatische Waagschale geworfen.
Die Bauzeit des Denkmals betrug allerdings zehn Jahre, so dass die Fertigstellung erst in die Zeit nach dem Münchner Abkommen 1938 und dem Verlust der staatlichen Unabhängigkeit fiel. Unter der veränderten politischen Situation erübrigte sich eine zeremonielle Einweihung.
Dies übernahm erst das kommunistische Regime im Jahr 1950, welches dem Bauwerk seine ursprüngliche Bedeutung raubte und es dann sogar als Mausoleum für den verstorbenen Parteiführer Klement Gottwald missbrauchte. Dieser Umstand sorgte nicht gerade für Begeisterung unter der Bevölkerung und trug nicht zur Beliebtheit dieses Ortes bei.
Erst mit der politischen Wende von 1989, der Samtenen Revolution, begann man die ursprüngliche Bedeutung des Denkmals als Symbol der Staatlichkeit wiederherzustellen. So wurden umgerechnet zwölf Millionen Euro in umfangreiche Renovierungsarbeiten investiert, so dass der Bau am 29. Oktober dieses Jahres samt neuem Museum wiedereröffnet werden konnte. Statt als Mausoleum für Präsident Gottwald dient es nun als Gedenkstätte für den unbekannten Soldaten.
Vom Žižka-Denkmal aus zum Kneipenbesuch nach Žižkov
Aber nicht nur das Monument ist einen Besuch wert. Auch der Veitsberg präsentiert sich als ruhige und beschauliche Parkanlage, die unweit des Zentrums den Stress der Großstadt vergessen lässt und immer für einen Spaziergang gut ist. Einmal auf dem Hügel angekommen, eröffnet sich dem Besucher ein wunderschöner und ungewöhnlicher Blick über die Stadt.
Wer sich nach dem kleinen Ausflug ein wenig Hunger angelaufen hat, sollte unbedingt den etwas oberhalb liegenden Stadtteil Žižkov aufsuchen. In einer der vielen typisch tschechischen und nach wie vor preiswerten Restaurants und Kneipen lohnt es sich schon deshalb einzukehren, weil man so etwas vom typischen Prager Flair erhascht, das man heute nicht überall mehr findet.
Die kleinen Kneipen, Restaurants - und ja: die Spelunken - findet man in dem ehemaligen Arbeiterviertel heute noch an fast jeder Straßenecke.
Da es vom Zentrum bis zum Veitsberg ein guter Fußmarsch ist, wäre es ratsam, die guten öffentlichen Verkehrsmittel der Stadt zu nutzen. So fährt zum Beispiel die Straßenbahnlinie 9 vom Wenzelsplatz bis zur Haltestelle Husinecká unweit des Denkmals. Auch die Tram-Linie 5 bedient diese Haltestelle vom Hauptbahnhof aus. (sem)