Eigentlich sollte es ein ruhiger Abend werden. Hausarbeit schreiben wäre gut gewesen. Doch dann kam die SMS. Und schon fand ich mich um 23:43 vor der Lucerna Music Bar wieder. Kleiner Eingang, lange Schlange. Ich war nicht sicher. Und dann das…
80er/90er Video-Party? 100 Kronen Eintritt, wir sind drin. La Bouche’s „Sweet Dreams“ dröhnt aus den Boxen. Ich fühle mich wie acht, sehe mich stehen vorm Autoscooter auf der Dorfkerb. Gut, etwas ungewöhnlich, na warten wir mal ab, denke ich noch. Garderobe, 20 Minuten anstehen, quetschen. Die ersten sind mit Alkohol abgestürzt, provozieren, drängeln.
Will Smith glitzert mit seinen „Men in Black“ über die Videoleinwand. Das hier ist also die berühmte Lucerna Music Bar, die seit dem Zweiten Weltkrieg lustige Abende versprechen soll.
Erstmal was trinken, in dieser inspirierenden Umgebung dringend notwendig. Acht Bier, prosim. Ein 0,5er Pilsner Urquell kostet 35 Kronen. Culture Beat „Mr Vain“. I know what I want and I want it now… oh, ich ahne Böses. Wer mit dieser unglaublich fiesen Musik aufgewachsen ist, der wird auch unfreiwillig mitsingen. Es drängt aus allen Poren, dieses vergangene Stück Leben.
Real2Real „I like to move it“, unweigerlich schnallen Köpfe ägyptisch nach vorne, schütteln sich bei Pink Floyds „Another Brick in the Wall“. „Das ist ja hier wie MTV Euro Top der letzten 20 Jahre!“. Dass da Fugees’ „Killing me Softly“ nicht fehlen darf ist klar, aber im Club? Schultern schwingen von links nach rechts. Beine schlackern zu James Brown. Schnell frage ich mich gemäß The Clash: „Should I stay or should I go?“
Thirtysomethings, die mit absoluter Hingabe zu Alphaville oder Duran Duran auf der Bühne hopsen. Mittvierziger wirbeln zu Grease durch den Raum. Und wir, die aussterbende Video-Generation: Wir fühlen uns wieder unschuldig verknallt bei Oasis’ „Wonderwall“. Hierzu verweigere ich auch jedes unpassende Herum-Geschunkel.
Weder Location noch Musik sind umwerfend. Abba, Flashdance, Europe „The Final Countdown“. Die Fähigkeiten des DJs lassen zu wünschen übrig, Übergänge sind eine Katastrophe und spätestens mit Dirty Dancing und „I had the time of my life“ wird klar: Die wollen uns rausschmeißen. Es ist 3:40. Wir gehen. Ich laufe 37 Meter. Treppenstufen. Und liege im Bett. Es war ein guter Abend.