Nachdem ich nun seit drei Wochen in Prag wohne und auch damit die dritte Woche meines Auslandssemesters an der Karlsuniversität beginnt, vermag ich zu sagen, dass langsam etwas, was man wohl als „Alltag“ bezeichnet, in mein Leben hier in Prag einkehrt.
In der Wohnung hat man sich eingelebt und kennt seine Mitbewohner nun so gut, dass man das Zusammenleben nicht bloß als Zweckgemeinschaft bezeichnen kann. In der Stadt findet man sich einigermaßen zurecht, weiß, welche Tram man benutzen muss, um ans Ziel zu kommen, wo die Unigebäude stehen und wo man sich am besten für den täglichen Bedarf eindeckt. Man hat unzählige Leute getroffen und mit einigen Freundschaft geschlossen. Man ist der Englischen Sprache soweit mächtig, dass man all das ausdrücken kann, was man sagen möchte und verbringt auch mal einen Samstagabend zu Hause im Bett ohne das Gefühl zu haben, man würde etwas verpassen.
Auch in das Unileben sind ein wenig Normalität und Ordnung eingekehrt, wovon ich ja bereits berichtete. Für die, die sich fragen, was ich denn jetzt eigentlich studiere (studiert sie überhaupt??) ist bei der endgültige Auswahl meiner Kurse folgendes heraus gekommen:
Auf welche Art und Weise kann man Land und Leute besser kennen lernen, als ihre Kultur zu studieren? So entschied ich einmal für den Kurs „Highlighting Czech Theatre“, in dem wir vorwiegend zeitgenössische Theaterstücke und Inszenierungen lesen, ansehen und analysieren werden. Auch eine Reihe von Theaterbesuchen in eher alternativen Theatern Prags stehen auf dem Plan. Da neben der Erkundung des tschechischen Theaters natürlich der Film nicht fehlen sollten, besuche ich außerdem den Kurs „Der tschechische Film in Vorführung“. Neben einer kurzen Einführung in die Geschichte des tschechischen Films oder die spezifisch tschechische Ausformung einzelner Genres wird jeweils ein berühmter Film in seiner vollen Länge gezeigt. Die beiden Kurse werden von der Faculty of Philosophy and Arts angeboten, die für Erasmus-Studenten generell eine recht große Auswahl an die Kultur betreffenden Seminaren zugänglich macht: ob über Film, Theater, Literatur oder Architektur…
Um nicht nur die tschechische Kultur kennenzulernen, sondern sich mit Kultur allgemein auseinanderzusetzen, nehme ich an dem Seminar „Interkulturelle Kommunikation“ teil (das ich mit am interessantesten finde). Zusammen mit Studenten aus u. a. Weißrussland, den USA, Ungarn und Österreich diskutieren wir Sitten und Traditionen, Werte, Umgangsformen und Lebensstil in verschiedenen Kulturen mit dem Ziel, Menschen aus anderen Ländern besser verstehen und sich in sie hineinversetzen zu können. Übrig bleiben „Popular Culture II“ und ein Englischkurs speziell für Leute, die Journalisten werden wollen und in den Massenmedien arbeiten. Die zuletzt genannten Kurse finden in der Faculty of Social Sciences statt, deren Kursangebot natürlich sozialwissenschaftlich ausgerichtet ist. Im Vorlesungsverzeichnis finden sich jedoch auch eine Reihe von Sprachkursen speziell für Soziologen, Journalisten und Ökonomen, die uns in Deutschland nirgendwo angeboten werden.
Es gibt unzählige andere Kurse, die ich auch hätte besuchen können, was aber weder zeitlich noch den Arbeitsaufwand betreffend möglich und sinnvoll gewesen wäre. Wonach man sich am besten entscheidet? Hingehen und zuhören, danach geht die Auswahl auf nahezu natürliche Weise vonstatten…