Vor 30 Jahren gingen tausende Bürger in Prag auf die Straßen und leiteten mit der „Samtenen Revolution“ ihren Traum von Reisefreiheit und offenen Grenzen ein. Seit 2004 ist Tschechien Mitglied der Europäischen Union. Vieles hat sich seitdem verändert. Tschechen bereisten ihre westlichen Nachbarländer, aber auch immer mehr Deutsche absolvierten Praktika und Studienaufenthalte in Tschechien, was zum Abbau von Grenzen und Stereotypen in den Köpfen beider Landesbewohner beitrug. Besonders in Zeiten, in denen alte Terminologien erneut Verbreitung finden, ist es wichtig gerade junge Menschen anzusprechen und für Austauschprogramme und Auslandssemester zu begeistern. Doch mit einer einmaligen Aktion ist es nicht getan, denn das Fundament einer demokratischen und offenen Gesellschaft muss ständig erneuert werden.
V.l.n.r.: Jaroslav Faltýn, Staatssekretär Dr. Jindrich Fryč, Senator Ties Rabe, Michael Urban
Foto: Ursula Schulz
Dies dachten sich auch im Nachwendejahr 1990 die Initiatoren der Städtepartnerschaft Hamburg-Prag. Seit 2009 gibt es das Hamburg-Prager Bildungsabkommen. 2013 nahmen bereits zwei Klassen der Stadtteilschule Hamburg-Wilhelmsburg an Sportprojekten in Prag teil. Der Sport verbindet auch die Jüngsten. Seit 2015 arbeitet die Střední odborná škola Jarov in Prag 9 mit der Stadtteilschule in Hamburg-Wilhelmsburg zusammen; organisiert Austauschprogramme für Schüler, aber auch Lehrkräfte.
2019 jährt sich nun das gemeinsame Bildungsabkommen zum 10. Mal. Grund genug für den Senator für Schule und Berufsbildung der Freien- und Hansestadt Hamburg Ties Rabe die Partnerstadt an der Moldau zu besuchen und sich ein eigenes Bild vor Ort zu machen. Am 8. März 2019 wurde er in Prag zusammen mit der Referentin Marzieh Telgenbüscher von Ursula Schulz – Hamburgs Botschafterin in Prag und Netzwerkerin für die Partnerschaft – auf dem Vaclav-Havel-Flughafen empfangen.
Auf dem Programmpunkt stand nach dem Besuch des tschechischen Schulministeriums, wo Rabe auch Gelegenheit fand, sich persönlich mit dem tschechischen Staatssekretär Dr. Jindrich Fryč und dem Leiter der Abteilung für Vorschulen des tschechischen Schulministeriums Jaroslav Faltýn auszutauschen und Fragen zu aktuellen schulpolitischen Herausforderungen des Hamburg-Prager Bildungsabkommens zu erörtern, natürlich auch der Besuch der Střední odborná škola Jarov. Hier wurde Rabe durch den Direktor der Schule Miloslav Janeček, Gabriela Kotrčová (stellvertretende Schulleiterin), Pavel Noha (Leiter der Abteilung für internationale Beziehungen) und Zdeněk Serák (Mitglied der Schulleitung) begrüßt und zu einer Führung durch das Schulgebäude eingeladen, bei der der seit 2011 in Hamburg amtierende Senator Gelegenheit hatte, sich die Klassenräume für den Deutsch- und Englischunterricht, die Sporteinrichtungen sowie auch Werkstätten für Glaserei, Tischlerei und Schweißerei anzusehen. In dem begleitenden Gespräch ging es auch um Nachhaltigkeit und Klimaschutz, denn an die Tischlerei ist eine Pellet-Anlage angeschlossen. Es folgten intensive Gespräche mit Lehrern, Ausbildungsmeistern, dem Innungsmeister der Ofenbauer und Schülern der Ausbildungsklasse. Neben weiteren intensiven Gesprächen zur Berufsfindung und der Attraktivität der Handwerksberufe wurden auch die Unterschiede zwischen dem dualen Bildungssystem und dem der reinen Berufsschulausbildung diskutiert. Gerade in Tschechien plagen die jüngere Generation Fragen zur Berufswahl.
Ties Rabe merkt dazu an: „Ich bin begeistert von den Möglichkeiten, die die Schülerinnen und Schüler an der Střední odborná škola Jarov haben. Neben dem klassischen Schulunterricht können die Jugendlichen in schuleigenen Werkstätten praktische, handwerkliche Fertigkeiten erlernen. Die Handwerksberufe spielen eine wichtige Rolle in unserer Gesellschaft, deshalb stärken wir auch in Hamburg mit zahlreichen Angeboten diesen Bereich. Ich freue mich auch darüber, dass ich sowohl in der Schule als auch im tschechischen Bildungsministerium mit offenen Armen empfangen wurde und dadurch ein lebhafter und anregender Austausch auf allen Ebenen möglich wurde."
Prag, 12.04.2019
Konstantin John Kowalewski