Nachdem längere Zeit vom Netzwerk Milion chvilek nichts zu hören war, das letztes Jahr tausende Menschen auf die Straßen Prags brachte, um gegen den Premierminister zu demonstrieren [Bericht: 25.11.2018], hat am vergangenen Donnerstag (04.04.2019) das Aktionsbündnis Auva zu einer Demonstration gegen Andrej Babiš am Malostranské nám. aufgerufen. Zu der Veranstaltung kamen zeitweise ca. 100 bis 150 Menschen. Ca. 20 Polizisten waren vor Ort, für deren Anwesenheit die Veranstalter am Ende der Demonstration dankten. Dies war nicht ironisch gemeint, denn im Vorfeld der Protestaktion wollten sich rechte Gruppierungen unter die Demonstranten mischen und das Event für ihre Zwecke mit Zwischenrufen umfunktionieren. Die Polizei schritt ein und erteilte den Störenfrieden einen Platzverweis, wofür Auva der Polizei öffentlich über das Mikrofon dankte.
Nicht ganz so erfreulich war der Anlass der Demonstration. Prager Bürger*innen trafen sich am Kleinseitner Ring hinter der Karlsbrücke, um erneut den Rücktritt des tschechischen Premiers zu verlangen. Schon lange werfen Kritiker dem Politiker Korruption, persönliche Bereichung und die Monopolisierung der tschechischen Medien vor [Bericht: 07.03.2019]. Von nun an will das Netzwerk jeden Monat eine Demonstration am gleichen Platz auf der Prager Kleinseite veranstalten, und zwar so lange, bis Babiš zurückgetreten ist; so ihre Forderung. Die Termine sollen auf der Facebook-Seite des Netzwerkes veröffentlicht werden.
Wir haben Pavla Carbolová, die zum Organisationsteam von Auva gehört, getroffen und gefragt, was die von der EU jüngst votierte Urheberrechtsnovelle bzw. die Upload-Filter, die eine Vorzensur erst technisch im massenhaften Umfang möglich machen würden, für ein Land wie Tschechien bedeuten. Das Phänomen der Zensur sei in Tschechien nicht neu, erklärte sie uns. Schon lange würde in Tschechien Zensur ausgeübt werden. Folgt man ihren Ausführungen, kommt man zu dem Schluss, dass die neue EU-Richtlinie somit also einen entscheidenen Einfluss auf die Presse- und Medienfreiheit in Mittel- und Osteuropa haben wird.
Das ganze Interview kann am Ende des Textbeitrages als Video abgerufen werden.
Prag, 06.04.2019
Konstantin John Kowalewski