Circa 200 Menschen demonstrierten am vergangenen Sonntag in Prag gegen die geplante EU-Novelle. Der Protest war Teil eines europaweiten Aktionstages gegen Zensur im Internet
Demonstranten in Prag fordern: „Wir wollen eine anständige Regierung!“
Tausende Menschen riefen am Freitag „Chceme slušnou vládu“ und protestierten damit gegen Andrej Babiš und Miloš Zeman
Ca. 9000 Menschen marschierten letzten Freitag durch Prag, um den Rücktritt des Premierministers zu fordern.
Ein Laternenumzug ganz besonderer Art fand am vergangenen Freitag, den 23.11.2018, in Prag statt. Schätzungsweise 9000 Menschen zogen unter dem Motto: "Marsch für eine vertrauenswürdige Regierung" vom Masaryk-Denkmal (T. G. Masaryk) am Burgplatz über die Nerudova, dem Kleinseitner Ring und der Karlsbrücke, weiter durch die Karlova und über den Masarykovo nábřeží sowie die Národní třída bis zum Altstädter Ring. Ihr Protest richtete sich gegen den tschechischen Premierminister Andrej Babiš, gegen den seit langem Korruptionsvorwürfe vorliegen. In ihrer Internet-Einladung rief das Netzwerk "Milion chvilek pro demokracii" ("Eine Million Augenblicke für die Demokratie") zur Mitnahme von Batterien und Spiegeln auf. Tatsächlich wurden Lampen und Spiegel massenweise verwendet, um mit einem "leuchtenden Umzug" gegen Andrej Babiš, aber auch den tschechischen Ministerpräsidenten Miloš Zeman zu demonstrieren.
Vorausgegangen waren der Demonstration bereits verschiedene Ereignisse, die wir hier in einer kurzen Chronologie zusammenfassen.
Demonstranten aller Altersgruppen riefen neben "Rücktritt!" und "Wir wollen keine Kommunisten!" auch "Wir wollen keine STB-Regierung". Die STB war in der alten Tschechoslowakei der Staatssicherheitsdienst, vergleichbar mit der Stasi der DDR. Der Protestmarsch kann im nachfolgenden Video als Originalton mit Untertitel gesehen werden.
Protestmarsch: Prag, 23.11.2018
Die Demonstranten schwenkten neben der eigenen Landesfahne auch mehrfach die Fahne der europäischen Union und verteilten Aufkleber mit der Aufschrift "Die EU ist unsere Heimat." Sie wollen damit einerseits bestimmten Strömungen in der tschechischen Gesellschaft begegnen, die den Austritt Tschechiens aus der EU fordern und andererseits ausländischen Medienvertretern zu verstehen geben, dass lautstarke EU-Gegner nicht die Mehrheit der tschechischen Bevölkerung repräsentieren.
Foto: K. Kountouroyanis
Wir wollten wissen, was die Demonstranten denken und was für sie die Gründe waren, um am Protestzug bei winterlichen Graden teilzunehmen. Nachfolgend zwei Interviews auf Deutsch bzw. die auf Deutsch gedolmetscht wurden.
Interview mit zwei Demonstrationsteilnehmern (Deutsch bzw. deutsch-tschechisch gedolmetscht).
Für viele Tschechen lag die Hoffnung darin, dass Andrej Babiš am Tag der Demonstration durch ein Misstrauensvotum im Parlament gestürzt wird. Doch der Premierminister überstand es schadlos. Es bleibt natürlich die Frage, welches Ziel der Premierminister mit seiner Strategie verfolgt. Dazu konnten wir ein deutsch-tschechisches Paar befragen, das sich für ein kurzes Interview bereit erklärte.
Interview mit einem deutsch-tschechischen Paar. Auch ihnen ist das endgültige Ziel der politischen Strategie des Premierministers nicht klar. Jedoch ist ihnen so viel Macht in den Händen nur eines Mannes nicht ganz geheuer.
Viele Demonstranten sehen vor allen Dingen die enorme Pressekonzentration durch den Premierminister als Gefahr für die Demokratie. Das nachfolgende Interview wurde auf Englisch geführt.
Interview mit einem tschechischen Demonstrationsteilnehmer auf Englisch. Auch er kann noch kein klares Ziel in der Strategie Andrej Babiš´s erkennen. Allein die wirtschaftspolitischen Vorgänge der letzten 5 Jahre erzeugen bei ihm vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit einer 40jährigen kommunistischen Herrschaft Skepsis.