Gleich vorweg, natürlich konnte ich bei der normalerwerbstätigenunfreundlichen WM das erste Spiel nicht sehen. Dänemark nähert sich dem Achtelfinale, in das Frankreich nach dem Sieg gegen Peru sicher eingezogen ist. Dieses Spiel kann ich verfolgen, ich verpasse bloß die Anfangsviertelstunde. Zu Hause ist alles ruhig, die Lebensgefährtin MM ist mit dem Kind unterwegs, ich kann es mir vor meinem Laptop so richtig gemütlich machen. Das hilft Peru aber auch nicht weiter, dieses Team wird in den letzten Wagen gesetzt, der an der ersten Haltestelle abgekoppelt wird, wenn der WM-Zug dann unerbittlich und brutal weiterrast, ohne Rücksicht auf Verluste und und und...
Peru scheidet aus
Das Spiel ist nicht besonders überraschend, Peru wieder und weiter im Bemüht-Sein-Modus ohne Zielwasser. Frankreichs geballte Offensivpower benötigt wie beim Siegtor gegen Australien die Hilfe des Gegners, diesmal fälscht ein Verteidiger einen Flanken-Schuss-Versuch unglücklich über den eigenen Torhüter ab, so dass der mitgelaufene Mbappé nur noch den Fuß hinzuhalten braucht. Ich habe nie das Gefühl, dass Peru an diesem Ergebnis noch etwas ändern kann und beschäftige mich in der zweiten Hälfte mehr mit dem Kind, das mittlerweile zu Hause mit MM eingetroffen ist. MM macht sich gleich wieder auf den Weg, der Schiedsrichter pfeift das Geschehen irgendwann ab und Peru ist das stärkste Team der bisher vier eliminierten.
Vielleicht sollte man für diese Mannschaften eine Trostrunde einführen, sie spielen ihre eigene WM aus. Russland hätte sich dafür auch wunderbar angeboten, alle bereits nach zwei Niederlagen ausgeschiedenen werden nach Sibirien deportiert und können dort jenseits von europäisch wahrnehmbaren Zeitzonen die Runden der Trostlosen ausspielen. Erstes Spiel etwa um 6 Uhr MESZ in Wladiwostok. Dadurch hätte die FIFA schon mal ausprobieren können, wie sich ein Turnier vermarkten lässt, das weit mehr Spiele generiert, als die Weltöffentlichkeit vermerken kann. Zum Schluss heißt es dann, die goldene Ananas spielen im Endspiel der Trostlosen Panama und Marokko aus.
Kroatien haut Argentinien weg
Gut, abends gibt es endlich Fußball vom Feinsten, Kroatien spielt gegen Argentinien. Die Gauchos vom rechten Ufer des Rio de la Plata, bezeichnenderweise Silbermedaillengewinner von 2014, haben eine neue Taktik, nämlich Messi nicht mit ins Spiel einzubeziehen. Mit Messi als Dreh- und Angelpunkt reichte es nur zu einem Unentschieden gegen die Schweiz, mit Messi als falschem Spielmacher nicht einmal mehr dazu. Auch die Idee, den Torhüter Caballero mehr ins Spiel mit einzubeziehen, zahlt sich nicht wirklich aus. Nachdem dieser bereits in der ersten Hälfte sein außerordentliches Spielverständnis nachgewiesen hat – Kurzpässe im eigenen Fünfmeterraum zu gedeckten Mitspielern – geht das in der zweiten Hälfte so richtig schief. Er fabriziert eine sehenswerte Bogenlampe und liefert Ante Rebić eine formvollendete Vorlage für einen Volley, den der Frankfurter, der bereits Bayern München im deutschen Pokalfinale erlegt hat, im Netz versenkt. Argentiniens Trainer entblößt vor Entsetzen seine Tattookunst auf den beeindruckenden Oberarmen. Diesem Mann traut man nicht wirklich ausgefeilte taktische Analysen an der Magnettafel zu, sondern eher Rausschmeißerqualitäten in der letzten Tango-Kaschemme in Buenos Aires.
Messi spielt nicht mit
Um es kurz zu machen, das Kind ist heute nicht so in Form und kann sich gar nicht recht an der Co-Heimat erfreuen, ich stecke es noch während der zweiten Hälfte zu MM ins Bett. Dann macht Luka Modrić alles klar – mir schwant langsam, wer im Mittelfeld von Real Madrid der eigentliche Spielmacher ist. Die Gauchos vom rechten Ufer des Silberflusses packen noch ein paar überflüssige Gewaltaktionen aus, doch die Küstenbalkanesen halten locker dagegen. Quasi mit dem Abpfiff kontern sie Argentinien aus und schrauben das Ergebnis auf ein beeindruckendes 3:0. Und was ist mit Messi? Der hat tatsächlich ein Foul begangen, das bleibt in Erinnerung, sonst eigentlich nichts.
Wenn es gut läuft, hat Argentinien das Weiterkommen immerhin noch selbst in der Hand. Wenn es schlecht läuft, ist es von den bereits qualifizierten Kroaten abhängig und wenn es ganz dumm läuft, sind die vor dem letzten Spiel bereits Gruppensieger. Don't cry for you, Argentina, the truth is I never liked you...