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Der Autor

Stanislav Beran ist freier Journalist und Korrespondent mit Schwerpunkt Geschichte und Kultur. 

Als Auslandskorrespondent berichtet er aus dem Isergebirge für verschiedene Zeitungen und Onlinemedien im deutschsprachigen Raum.

Er ist Dolmetscher und staatlich geprüfter Übersetzer für die deutsche Sprache, Herausgeber der Friedländer Zeitung und Heimatforscher.

Auch die Website https://friedlandinbohmen.jimdo.com, auf der man Informationen zur Vergangenheit und Gegenwart des Kreises Friedland in Böhmen und die vielseitige Geschichte des Landes unserer Ahnen finden kann, wurde von ihm erstellt.

Für den Blog auf Tschechien Online schreibt er seit April 2015.

Im Internet: friedlandinbohmen.jimdo.comfriedlandinbohmen.jimdo.com
Bildnachweis:
Stanislav Beran

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| | Kultur | 21.9.2023

Rathaus in Gablonz feiert Europäischen Tag des Kulturerbes

  • Gablonz, Rathaus am 16. September 2023
  • Gablonzer Rathaus, Skizze von Karl Winter
  • Blick vom Rathaus auf den alten Markt
  • Links und rechts am Eingang Lampen angefertigt nach den Zeichnungen des Architekten Karl Winter
  • Der alte Paternosteraufzug
  • Gedenktafel für Karl Winter
  • Gablonz, Rathaus am 16. September 2023
  • Der große Sitzungsaal
  • Der große Sitzungsaal
  • Kleiner Sitzungssaal
  • Kleiner Sitzungssaal
  • Bild von Dr. Karl Fischer
  • Alte Möbel von Damals
  • Historischer Schreibtisch

Anläßlich des Europäischen Tages des Kulturerbes/Dny evropského dědictví (European Heritage Days), der am 16. September in Gablonz an der Neiße stattfand, konnte man mehrere Veranstaltungen besuchen. Das diesjährige Motto lautete „Die Zeit der Dreißiger Jahre in Gablonz“. Die Besucher konnten an diesem Tag Gablonzer Baudenkmale und historisch interessante Orte besichtigen, die normalerweise nicht oder nur eingeschränkt öffentlich zugänglich sind. An vielen Orten erwartete die Besucher ein interessantes Begleitprogramm wie Führungen, musikalische Darbietungen, Wettbewerbe und Diskussionen. Besondere Aufmerksamkeit wurde dem neuen Rathaus gewidmet, das in diesem Jahr den 90. Jahrestag seiner vollständigen Inbetriebnahme nicht nur im Rathausgebäude, sondern auch auf dem Platz vor dem Rathaus feierte. Im Rathaus konnten die historischen Räume besichtigt werden.

Ohne die unermüdlichen Bemühungen des Bürgermeisters Karl Richard Fischer (1871–1934) wäre das neue Rathaus wahrscheinlich nicht gebaut worden. Ihm gelang es in wirtschaftlich sehr schwierigen Zeiten, eine sehr breite politische und gesellschaftliche Unterstützung für sein finanziell anspruchsvolles Projekt zu gewinnen. Fischer war kein Gablonzer, er stammte vielmehr aus dem benachbarten Wiesenthal an der Neiße/Lučany nad Nisou. Der engagierte Lehrer nahm jedoch bald am kulturellen und politischen Leben von Gablonz teil. Er war ein hervorragender Forscher, Glasexperte und Denkmalschützer, der viele wichtige Dokumente und Kunstgegenstände rettete. Er war bei der Gründung des Museums von Gablonz dabei, und mehr als zehn Jahre lang war er auch der Chronist der Stadt. Im Jahr 1910 wurde er Mitglied des Stadtrats und ab 1918 fünfmal zum Bürgermeister gewählt.

Der Bau des neuen Rathauses auf dem damaligen Alten Markt wurde lange Zeit vorbereitet. In den Jahren 1925 und 1929 wurden zwei große Architekturwettbewerbe durchgeführt. Der Sieger war der Entwurf des Reichenberger Architekten Professor Karl Winter (1894–1964), der aus unglaublichen 177 Entwürfen ausgewählt wurde. Sein Entwurf war sein größtes Werk. Der preisgekrönte Entwurf bot ein massives, elegantes, aber im Wesentlichen sehr nüchternes Gebäude, das im Geiste des Purismus mit traditionalistischen und funktionalistischen Merkmalen entworfen worden war. Die Struktur des Gebäudes war sehr modern, aus Stahlbeton und nur teilweise mit Ziegeln gemauert. Am 15. April 1931 wurde mit dem Bau begonnen, und im Oktober 1932 wurde das neue Rathaus fertiggestellt. Das Kino eröffnete am 29. Oktober 1932 mit dem deutschen Film „Johann Strauss, k. u. k. Hofballmusikdirektor“. Der stellvertretende Bürgermeister Reinhard Priebsch erklärte an diesem Tag den baulichen Teil des Gebäudes für vollständig fertiggestellt.

Der Einbau der Technik und des Mobiliars begann und dauerte bis zum Ende des Jahres. Das Gebäude verfügte über fortschrittliche Elektro- und Klimaanlagen sowie Heizungs- und Warmwassersysteme. Am 5. und 7. Januar 1933 zogen schließlich die verschiedenen Abteilungen der Stadtverwaltung in das Gebäude ein. Die damaligen Stadtvertreter traten am 10. Februar 1933 zum ersten Mal im großen Saal zusammen. Der Architekt Karl Winter brachte auf drei Seiten des Gebäudes Geschäfte unter. Insgesamt wurden zwölf moderne Geschäfte mit Lagerräumen vermietet. Zu den Mietern gehörte damals auch die Firma Meinl, Optiker Kolbe und Friseur Heinrich. Die Fertigstellung des neuen Rathauses war die Krönung von Fischers Arbeit. Er hatte das neue Büro des Bürgermeisters weniger als ein Jahr inne. Bereits um die Jahreswende 1933/1934 zog er sich aus dem öffentlichen Leben zurück und starb am 6. Dezember 1934.

Das neue Rathaus war für die damalige Zeit nicht billig. Das Gebäude kostete 22,5 Millionen Kronen. Die Stadt musste sich verschulden, aber auf der anderen Seite wurde dadurch die Arbeitslosigkeit eine Zeitlang gemildert. Der Wunsch, die Kosten zu minimieren, spiegelte sich in dem Druck wider, die Bauzeit so kurz wie möglich zu halten und die Einhaltung eines sehr strengen Zeitplans zu kontrollieren. Winter verbrachte fünf Jahre seines Lebens mit dem Bau des Rathauses. Er fertigte während des Bauvorgangs auf Hunderten von Zeichnungen detaillierte Pläne, Innenraumgestaltungen und Ausstattungen an. Der Bau des Rathauses dauerte 20 Monate, an dem 135, vor allem Gablonzer Firmen beteiligt waren und der nach und nach etwa 1900 Arbeiter beschäftigte. Das neue Rathaus besteht aus vier Flügeln, die einen geschlossenen quadratförmigen Hof bilden. Das Gebäude ist 45,10 Meter breit und 52,50 Meter lang.

Die gegenwärtige Renovierung des Rathausgebäudes begann bereits in den 1990er Jahren. Die umfangreichsten Eingriffe fanden jedoch in den letzten sieben Jahren statt. Insgesamt gab die Stadt bisher umgerechnet gute vier Millionen Euro für die Instandsetzung ihres Wahrzeichens aus. Die Fassade des Rathauses wurde in den Jahren 1987 bis 1989 einer ersten großen Renovierung unterzogen. Die verwendete Technologie war ungeeignet, der Putz begann zu bröckeln und der Zustand wurde immer schlimmer. Zwischen Juli und Dezember 2004 wurde der Putz des Rathaushofes für umgerechnet 223 790 Euro ausgebessert.

Im Jahr 2016 nahm die Stadt eine umfangreiche Renovierung der Fassade vor und kehrte dabei zur ursprünglichen Farbzusammensetzung zurück. Der erste Teil der Erneuerung betraf die Westseite des Rathauses mit dem Turm, bei der die Kosten umgerechnet 528 950 Euro überstiegen. Im Jahr 2017 wurde der Rathausturm fertiggestellt, und es war geplant, die Fassade der Süd und Ostseite zu renovieren. Der Zeitplan wurde allerdings durch den Mangel an Arbeitskräften verzögert, so daß das abschließende Verputzen einschließlich der Klempnerarbeiten und die Balkonreparaturen erst 2018 von der Firma durchgeführt wurden. Umgerechnet 329 580 Euro kostete die zweite Phase der Renovierung.

Die letzte, die Nordseite des Rathauses, kam erst im Herbst 2018 an die Reihe und wurde 2019 abgeschlossen. Die Gesamtkosten für die Renovierung der Rathausfassade und des Turms wurden umgerechnet auf mehr als eine Million Euro berechnet. Im Jahr 2018 kehrte an die Spitze des Blitzableiters aus Edelstahl auch die 75 Zentimeter hohe Kupferkuppel, die nach historischen Zeichnungen angefertigt wurde, zurück. Die Herstellung, die Installation und die damit verbundenen Arbeiten kosteten die Stadt umgerechnet 40 690 Euro.

Am 16. August 2019 wurde im Erdgeschoß des Rathauses eine Gedenktafel für Architekt Karl Winter enthüllt. Der Schöpfer des Kunstwerks ist der akademische Bildhauer Jiří Dostál. Zur Enthüllungszeremonie war auch die Enkelin des Architekten, Daniela Schejbalová, gekommen. 2020 wurde im Rathaus der Paternoster-Aufzug einschließlich aller Holz- und Messingteile überholt. Die Kosten beliefen sich auf umgerechnet 244 130 Euro ohne Mehrwertsteuer. 2011 wurde der Westflügel im zweiten Stock, in dem sich das Büro des Oberbürgermeisters befindet, renoviert, gefolgt von der Renovierung der Korridore und Türen im Rathaus und der schrittweisen Renovierung einiger Büros. 2014 wurde das Erdgeschoß mit einem Kostenaufwand von umgerechnet 345 850 Euro umfassend renoviert und in ein Informationszentrum umgewandelt.

2015 wurde mit der Renovierung der Sitzungsräume im zweiten Stock begonnen, und 2017 wurden zwei kleinere Sitzungsräume am Volkstrauertag zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Gesamtkosten für die Renovierung betrugen umgerechnet etwa 244 130 Euro. Im Dezember 2016 wurde das Stadtwappen auf der Treppe enthüllt, das eine Kopie des Granitwappens an der Rathausfassade ist. Die Arbeiten an der Treppe und die Anschaffung des Wappens haben umgerechnet knapp 9500 Euro gekostet. Im Frühjahr 2017 wurden im Foyer zum ersten Mal zwei große, nach den Originalzeichnun-gen des Architekten Winter angefertigte Lampen eingeschaltet. Für den Bau und die Installation der Lampen zahlte die Stadt umgerechnet 17 900 Euro. Der Umbau des großen Sitzungssaals Nr. 202 im Jahr 2018 kostete umgerechnet 256 340 Euro, die Renovierung der Galerie im großen Sitzungssaal ein Jahr später umgerechnet 16 275 Euro.

Reparaturen der Rathausfenster wurden in acht Etappen von 2011 bis 2017 durchgeführt. Die Fenster in den Sitzungssälen erhielten eine rötlich-braune Farbe, während die anderen im historisch korrekten vanillegelben Farbton gehalten sind. Die Renovierung und Sanierung der Rathausfenster kostete umgerechnet 528 950 Euro, wobei sich die Summe der Zuschüsse für jede Etappe auf umgerechnet 150 550 Euro belief.
Derzeit werden die Glasfenster in den Rathausgängen renoviert. Die Gesamtkosten belaufen sich auf umgerechnet mehr als 204 000 Euro, einschließlich Mehrwertsteuer. Die Stadt nutzte die Zuwendung des Kulturministeriums von umgerechnet 16 275 Euro und die umgerechnet 4070-Euro-Spende der Region Reichenberg für den Titel Historische Stadt der Region Reichenberg 2022.

Nach 90 Jahren haben auch die sanitären Einrichtungen des Gebäudes ausgedient. Deshalb wurden in den letzten zwei Jahren alle Toiletten, außer denen für die Öffentlichkeit, umgebaut. Sie entsprechen jetzt den modernen Anforderungen und erfüllen die Hygienevorschriften. Obwohl sie modern sind, haben sie die Merkmale der Architektur vom Anfang des letzten Jahrhunderts beibehalten. Insgesamt hat die Stadt umgerechnet 191 240 Euro für den Umbau in den Jahren 2022 und 2023 bezahlt.

Im Büro des Bürgermeisters und im angrenzenden Sitzungssaal wurde ein neuer Boden verlegt.

Der Endpreis beträgt umgerechnet 16 275 Euro. Nach den erhaltenen Zeichnungen des Architekten Karl Winter verfügt das Büro des Bürgermeisters auch über einen prachtvollen Schreibtisch, der im Geiste der Neuzeit ein wenig vergrößert wurde. Ein Besprechungstisch und eine Kommode wurden im gleichen Stil und aus dem gleichen Material hinzugefügt. Die Möbel im Büro des Bürgermeisters kosteten umgerechnet 27 464 Euro. Auch die elektrische Verkabelung im Büro des Bürgermeisters und im Sitzungssaal wurde erneuert. Die Stromleitungen, die zu den Arbeitstischen führen, befinden sich jetzt in den Böden. Alle Schalter und Steckdosen sind aus Porzellan in einem einheitlichen Retro-Stil. All diese Arbeiten einschließlich der Maler- und Putzarbeiten, der Fensteranstriche und der Badezimmerausstattung und die Vorhänge kosteten umgerechnet 11 392 Euro.

Bildnachweis:
Fotos von Stanislav Beran

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